Polka-Explosion im TapTab

Die Schaffhauser Band «Palko!Muski» brachte die Baumgartenstrasse am Freitag zum Schwitzen. Von Hermann-Luc Hardmeier.

Wenn man einen Toaster in die Badewanne schmeisst, dann ergibt das in etwa das Gefühl, das am Freitagabend im Schaffhauser Club «TapTab» vorherrschend war. Starkstrom, Power, Energie, Exzess und Euphorie. Die fünfköpfige Band Palko!Muski kannte kein Halten und quasi ab dem 1. Song herrschte Partystimmung auf Knopfdruck. Sänger Baptiste Beleffi animierte die Besucher immer wieder mitzusingen und im richtigen Moment die Arme in die Luft schnellen zu lassen. Im blauen Strobokskop-Licht wirkte das sehr ansprechend und mitreissend. Bereits beim 3. Song riss der Frontmann der Combo sich das Hemd vom Oberkörper und fragte: «Is this enough?». Ein lautes «No!» schalte ihm entgegen. Es brodelte und strudelte, als ob das TapTab in einem Whirlpool mit bissigen Piranhas sitzen würde. Die Stimmung im Club an der Baumgartenstrasse war absolut ausgelassen. Die Band nutzte die Gelegenheit, um auch eine klare politische Position zu markieren. «This is for my brothers and sisters in the Ukraine!”, sagte der Sänger und grosser Applaus erklang. Er kämpfte sich in der Folge von der Bühne auf die Hände der Besucher. Nicht nur buchstäblich, sondern in Tat und Wahrheit. Stage-Diving bekam am Freitagabend eine neue Dimension. Singend und fordernd wurde Baptiste Beleffi durch das TapTab getragen. Plötzlich kroch er am Boden, dann sprang er an die Säule inmitten des Raumes und kletterte sie empor. Der Hexenkessel hatte seinen Siedepunkt erreicht und die Menge feierte den Auftritt der wilden Truppe. Vor der Bühne wurde intensiv Pogo getanzt. Mit ausgefahrenen Ellbogen und viel Energie duellierten sich die Zuschauer auf der Tanzfläche, während Palko!Muski den Takt vorgab. «Is this enough?», wollte der Frontmann erneut wissen und laute Chöre mit der Aufforderung «Einer geht noch!» erklangen. Die Temperatur kletterte das Barometer empor. Die Sauna an der Baumgartenstrasse arbeitete auf Hochtouren. Neben allen bekannten Palko!Muski-Songs erklang plötzlich die Partisanen-Hymne «Bella Ciao». Mittlerweile gab es kein Halten mehr. Die Gäste feierten, tanzten, sangen, eskalierten. Es wurde geschwitzt, geröchelt und gekämpft. Kein Tanzbein blieb arbeitslos und keine Kehle trocken. «Absolut fantastisch», freute sich eine Besucherin, die gerade an der Shotbar neben der Tanzfläche eine Runde bestellte. Nach dem Konzert startete das Trubači Soundsistema die Partyrakete und sorgte dafür, dass das ausgelassene Fest bis in die frühen Morgenstunden andauerte.

Erschienen am Montag, 11. April 2022 in der Zeitung «Schaffhauser Nachrichten» von Hermann-Luc Harmdier.

Disclaimer: Es handelt sich beim Bericht um einen Stimmungsbericht. Keine Konzertkritik. Ziel des Berichts war es, den Lesern die Stimmung während des Konzertes zu vermitteln.

Humorvoller Rhetorik-Kurs für die Bundesräte

Die Comedyshow «Fake me Happy» von Michael Elsener am Mittwochabend im Stadttheater war sehr humorvoll und verblüffend spontan. Von Hermann-Luc Hardmeier.

«Ich fake gerne», gestand Michael Elsener am Mittwochabend. Zu seiner zweitägigen Comedyshow waren zahlreiche Gäste ins Stadttheater gekommen. «Die Vorstellung wird heute aufgezeichnet, also bitte macht ein bisschen mehr Applaus, als ihr es lustig findet», erklärte der Showstar mit einem Augenzwinkern. Ein riesiger Kamera-Arm war im Stadttheater installiert und an allen Ecken und Enden wurde gefilmt. Die Zuschauer waren in ausgezeichneter Stimmung und kamen dem Wunsch gerne nach. Schnell hatte man die Kameralinsen vergessen, denn Michael Elsener hat ein grosses Talent: Er kann spontan Menschen im Publikum ansprechen, ihnen einige Informationen entlocken und diese dann immer wieder an passender Stelle in seiner Show einbauen. So sorgten eine Physiotherapeutin, ein Fotograf, der keine schwangeren Damen oder verliebte Pärchen fotografieren möchte, oder ein Verschwörungstheoretiker bezüglich der Erdanziehungskraft für grossen Unterhaltungswert und viele Lacher.

Rhetorikkurs für Politiker

Anschliessend inszenierte der Komiker einen Rhetorikkurs mit Ex-Bundesrat Moritz Leuenberger. Er hatte die Aufgabe, die aktuelle Landesregierung in punkto Neujahrsrede zu schulen. Das Figurenensemble beherrschte Michael Elsener grossartig. Egal ob breiter Walliser Dialekt von Viola Amherd, tiefsinnige Gedanken zum Vorsorgemodell von Alain Berset oder amüsante sprachliche Missverständnisse mit Guy Parmelin, jede Partei bekam einen saftigen Seitenhieb. Aber es gab natürlich auch andere Themen: Er erklärte, warum sein Opa wegen terroristischem Verhalten angeklagt war, wie Roger Federer in der Sauna auf Kliby und Caroline traf und schlug vor, den Genderstern in der Sprache mit einem akustischen Signal sichtbar zu machen. Ein Highlight des Abends war sicherlich, als er erzählte, wie viel besser es wäre, wenn das Leben rückwärts abliefe. «Man wacht auf und bekommt ein riesiges Erbe, wird aus dem Altersheim entlassen, muss immer weniger arbeiten, an der Uni bekommt man am ersten Tag das Abschlussdiplom, qualifiziert sich in der Primarschule für den Kindergarten und kann neun Monate im warmen Mutterbauch verbringen, bis man immer kleiner wird und schlussendlich als Funkeln in den Augen zweier Verliebten verglimmt.»

Zu langes Bewerbungsvideo

Am Schluss des Abends gab es sodann eine Zusatzrunde: Für einen Comedywettbewerb in London diente das Publikum als Kulisse. Michael Elsener drehte ein Bewerbungsvideo und trat mit einer englischen Standup-Nummer auf. Er wiederholte dabei auch einige der bereits gezeigten Nummern auf Englisch. Zeitlich dauerte das eindeutig zu lange. Dennoch gab es begeisterten Applaus am Schluss und Elsener freute sich: «Ihr seid Goldschätze, bitte kommt mit auf meine Tournee.»

Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am 18. März 2022.

Vortrag: Bombardierung von Schaffhausen am 1. April 1944

Am 1. April fand an der Berufsmaturiät ein Vortrag von Dr. Matthias Wipf zur Bombardierung von Schaffhausen im 2. Weltkrieg statt. Von Hermann-Luc Hardmeier.

Bild: Luc Hardmeier und Matthias Wipf inmitten der 70 Lernenden. (Foto: Marco Eugster, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

Genau 78 Jahre ist es her, dass die Alliierten einen Bombenregen auf die Ostschweiz niederliessen. Der tragische Vorfall ereignete sich am 1. April 1944. Im Rahmen des Geschichtsunterrichts an der Berufsmaturität fand unter der Leitung von Geschichtslehrer Luc Hardmeier ein Vortrag mit dem Historiker Dr. Matthias Wipf am Freitag in der Aula des Hauptgebäudes statt. Matthias Wipf erklärte, wie die Piloten ursprünglich Ludwigshafen bombardieren wollten und anschliessend Schaffhausen wegen Navigationsfehlern, dem Ausstieg des Radars und der Lage von Schaffhausen auf der „falschen“ Seite am Rhein verwechselten. Sie dachten, sie hätten eine deutsche Stadt unter sich. Als sogenanntes Gelegenheitsziel (Target of opportunity) wollten sie ihre Bombenlast loswerden und begingen den fatalen Irrtum. In Ludwigshafen hätten sie die IG Farben zerstören wollen. Dort wurde unter anderem das Gas Zyklon B hergestellt, mit welchem die Nazis ihre fürchterlichen Verbrechen im Holocaust begingen. Schaffhausen hatte das Pech, dass an diesem nebligen Tag genau über der Munotstadt die Wolkendecke aufgerissen war und daher den Flugzeugen ein ideales Ziel bot: Innerhalb von 40 Sekunden fielen 400 Bomben. 40 Menschen starben und die ganze Schweiz blieb geschockt zurück. Der Bahnhof erlitt einen Volltreffer, dort starben 18 Menschen. Auch getroffen wurden ca. 50 weitere Gebäude wie das Industrie-Quartier Mühlenen, das Regierungsviertel und der Fronwagplatz. Die US-Regierung entschuldigte sich umgehend und bezahlte eine Wiedergutmachung von 40 Millionen US-Dollar. Insgesamt gab es in Schaffhausen 544 Luftalarme. Die Bevölkerung nahm die Überflüge des US-Militärs zunehmend als Schauspiel wahr und schützte sich nur noch teilweise mit dem Gang in die Luftschutzbunker. Wahrscheinlich hätte es etwa 1/3 weniger Opfer geben können, hätte man sich ordnungsgemäss verhalten. An diesem 1. April war Schaffhausen und die Schweiz plötzlich mitten im 2. Weltkrieg. „Ein Schreckenstag“ wie die Zeitung Schaffhauser Nachrichten damals titelte. Die 70 Lernenden in der Aula des Hauptgebäudes der Berufsmaturität nutzten den Anlass, um viele Fragen an den Experten zu stellen und es entbrannte eine spannende Diskussion. Auch Vergleiche mit dem Ukrainekrieg wurden gezogen. Das Ereignis ist absolut tragisch. Der Anlass war an diesem Jahrestag dennoch sehr wichtig und hat den Geschichtsunterricht anschaulich, einprägsam und höchst interessant bereichert.

Von Hermann-Luc Hardmeier