Wenn der Professor plötzlich Party macht

Die Band «Professor Wouassa» lädt am Freitag zu heissen Afrobeats und setzt damit einen Gegenpunkt zur besinnlichen Weihnachtsstimmung. Eine Konzertvorschau von Hermann-Luc Hardmeier.

Da würden sich die Studenten wundern, wenn im Vorlesungssaal plötzlich Partystimmung ausbrechen würde. Doch genau diesen Plan verfolgt Professor Wouassa am kommenden Freitagabend. Kollektive Euphorie statt PowerPoint-Folien. Lockeres Zuprosten an der Bar anstelle von prüfungsrelevanten Notizen, die man anfertigen muss. Auf dem Lehrplan stehen keine Vorlesungen und Seminare, sondern lediglich das Wort «Tanzstimmung». Alles in allem ein vielversprechendes Konzept, welches die TapTab-Universität ihren Studenten, äh Pardon, ihren Gästen bieten wird. Am Freitagabend wird nicht gebüffelt, sondern gefeiert.

Wilder musikalischer Mix

Die Band «Professor» Wouassa wurde 2003 in Lausanne gegründet und seither jagt ein Erfolg den nächsten. Mit Afrobeats als Basis und ein wilder Mix aus Ethno-Jazz, Rumba, Salsa, Funk und vielen afrikanischen Musikrichtungen aus Ghana, Sénégal, Kongo und Nigeria ist eines ganz klar: «Wir haben unseren ganz eigenen Musikmix, den man so bei keiner anderen Band auf dem Globus hört», sagt Gilles Dupuis von Professor Wouassa. Die Band spielte bereits an Grossveranstaltungen wie dem Cully Jazz-Festival, dem Paléo Festival oder der Winterthurer Musikfestwochen.

Ewige Liebe und defekte Computer

Doch wie um alles in der Welt kommt man zu einem Bandnamen wie Professor Wouassa? «Da steckt eine witzige Story dahiner», erklärt Gilles Dupuis. «Wir haben in unseren Briefkästen immer wieder Visitenkarten gefunden, auf denen irgendwelche Wunderheiler die ewige Liebe oder unermesslichen Reichtum versprochen haben. Manchmal ging es aber auch um ganz banale Dinge wie die Reparatur von defekten Küchengeräten und Computern. Die Namen auf diesen Visitenkarten waren manchmal sehr dubios und ausgefallen. Eine der Karten war mit Professor Wouassa angeschrieben. Als wir dann einen Bandnamen suchten, fiel uns wieder diese Geschichte ein.» Wer nun aber denkt, in den Songs von Professor Wouassa gehe es ebenfalls nur um die ewige Liebe und um defekte Küchengeräte, der irrt sich glücklicherweise gewaltig. «Wir rufen in unseren Liedern dazu auf, dass die Menschen wieder mehr Rücksicht aufeinander nehmen, dass man teilt, tolerant und offen ist. Kurzum, die Welt soll ein besserer Ort werden», so Gilles Dupuis. «Das ist nicht unbedingt politisch gemeint, denn wir fühlen uns keiner Partei zugehörig. Eine gesunde Portion Gesellschaftskritik haben wir uns aber durchaus auf die Fahnen geschrieben.» Zu finden ist dies beispielsweise beim Song «Confined People», bei welchem ein dicker Afrobeat auf einen feinen und poetischen Text trifft, der ganz dezent aber inhaltsstark die heutige Welt kritisiert.

Songideen beim Soundcheck

Interessant ist nicht nur der Inhalt, sondern auch die Entstehungsweise von Songs der Band. «Wir jammen und improvisieren sehr oft. Dabei kommen wir immer wieder auf Ideen für neue Lieder», erklärt Gilles Dupuis». «Meisten können wir das Jammen auch während dem Soundcheck nicht lassen. Es kommt dabei immer wieder vor, dass uns ein Erlebnis oder eine Begegnung vom Veranstaltungsort inspiriert.» Er könne daher nicht ausschliessen, dass vielleicht auf einer der nächsten Scheiben von Professor Wouassa sogar ein Musikstück sein wird, das von Schaffhausen handelt. Andere Inspirationsquellen sind auch Vorbilder der Band wie etwa Papa Wemba, Manu Dibango oder Fela Kuti und Tony Allen. Das Publikum im TapTab darf also gespannt sein, welches leckere Gericht die Köche von Professor Wouassa servieren werden. «Wir hoffen auf ein zahlreiches Erscheinen und können euch schon jetzt eines versprechen“, freut sich Gilles Dupuis: „Das Konzert wird kein gemütlicher Spaziergang am Genfersee, sondern eher eine tobende Wildwasserfahrt auf dem schäumenden Rheinfall. Das Wasser wird brodeln und die Tanzfläche wird brennen.» Wer danach immer noch Energie hat, für den steht DJ Shalaby an den Turntables bereit.

Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am Montag, 19. Dezember.

Jamaikanische Dampflokomotive mit Sonnenbrille

Die Reggea-Dancehall-Queen Tanya Stephens brachte am Samstag Party und coole Vibes in die Kammgarn. Ein Konzertbericht von Hermann-Luc Hardmeier.

Bildlegende: Stimmgewaltig heizte Tanya Stephens ein. (Foto: Hans-Rudolf Werner, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

«Are you ready?», wollte Tanya Stephens am Samstagabend in der Kammgarn wissen, als sie die Bühne betrat. Laute Jubelschreie schalten ihr entgegen. Das Publikum war bereit für eine deftige Portion Reggaemusik aus Jamaika. Als Vorband hatte NaÏma Bereté eingeheizt. Die One-Woman-Show kam ganz ohne Support und Band nach Schaffhausen. Nur mit Gitarre und sattem Offbeat unterhielt sie das Publikum. Das war oft gemütlich und locker, zwischendurch aber auch mitreissend und cremig wie eine Glace in der Sonne. Mit ihren Songs wie «Strong Woman» wollte sie aber nicht nur unterhalten, sondern sprach auch gesellschaftliche Themen an und machte sich für die Gleichberechtigung stark. Kurz vor 22 Uhr war es sodann Zeit für die Reggae-Queen Tanya Stephens. Mit Sonnenbrille und riesigem Afro eröffnete sie das Konzert und drückte sogleich aufs Gaspedal. Die jamaikanische Dampflokomotive fauchte, zischte und groovte, bis auch der letzte im Saal in Tanzstimmung geriet. Der Partyzug sauste über die Schienen, als ob es einen Weltrekord zu schlagen gäbe. Der einzige Bahnhof hiess Schaffhausen, ansonsten wurde die Fahrt mit vollem Tempo fortgesetzt. «It’s a pleasure to be here», freute sich die Musikerin. Derzeit ist sie mit ihrem Album “Some Kinda Madness” auf Tour und machte damit in der Kammgarn halt. Sie gilt als Reggae-Dancehall Urgestein und steht seit knapp 33 Jahren auf der Bühne. 200 Songs hat sie bisher veröffentlicht und sie schien kein bisschen müde zu sein. Lediglich die Schweizer Kälter machte ihr ein bisschen zu schaffen. Sie komme direkt aus Jamaika und müsste sich in der europäischen «Kälte-Hölle» zuerst ein bisschen akklimatisieren. Dafür brauche sie die Unterstützung des Publikums, damit man den karibischen Sommer an die Baumgartenstrasse hole. Die Besucherinnen und Besucher erfüllten ihr den Wunsch sehr gerne und gaben alles, damit die Kammgarnhalle Feuer fing. «Ich fühle mich wie in den Sommerferien», freute sich Gast Elma Bärtschi. «Das Konzert ist mega», lobte auch Besucherin Nina König. Der Auftritt war musikalisch tatsächlich mit einem Ferientag am Strand vergleichbar. Locker und gemütlich entspannte man sich beim fetzigen Reggaesound am Pool. Man genoss kühle Cocktails und schaute aufs Meer hinaus. Anstatt Sonnenbrand gab es allerdings Muskelkater in den Tanzbeinen. «Tonight we have peace and love», rief Tanya Stephens in die Menge. Für einen kurzen Moment wurde sie politisch und wünschte sich, dass alle Menschen auf der Welt Frieden haben können. Mit ihrem Hit «It’s a pitty» und einigen Zugaben endete der Abend und sie bilanzierte passend zum Schluss: «Love ist he answer!».

Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am 7.12.2022. Von Hermann-Luc Hardmeier.

Eine rasante Reise mit dem Techno-Raumschiff von Pablo Nouvelle

Am Samstagabend kombinierte Pablo Nouvelle Techno und Visuals zu einem mitreissenden Event im Taptab. Ein Konzertbericht von Hermann-Luc Hardmeier.

Bildlegende:
Pablo Nouvelle rockte am Synthesizer die Stimmung im TapTab. (Foto: Phillip Schmanau, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

Im TapTab waren am Samstagabend Augen, Ohren und Tanzfüsse gefordert. Das Techno-Raumschiff von Pablo Nouvelle hob zu einem abenteuerlichen Flug ins Weltall ab. Die Rundreise im musikalischen Kosmos führte über Soul, Pop und basslästige Klänge. Pablo Nouvelles Musikstil war ein stetiger Mix aus gemütlichem Spaziergang auf dem Mond und gnadenlos geführtem Krieg der Sterne. Man wurde nicht nur zum Träumen, sondern auch zum Raven verführt. Eine einzigartige Kombination. Eingewärmt hatte zuvor das TapTab das Duo ENL. Der Begriff steht für die Aussage «Es nervt langsam» und ist genauso selbstironisch gemeint wie die Mehrheit der Texte. Das sympathische Zweiergespann brachte Mundart-HipHop an die Baumgartenstrasse. Manchmal wild, manchmal zornig, aber immer mit einem Augenzwinkern und harten Beats. Die Songs trugen Namen wie «Wurst» oder «Lustvoll sterben». Auffällig war auch das Outfit von ENL. Eine Mischung aus Warnweste und Tankstellen-Hemd, was ein weiteres Ausrufezeichen dem Auftritt der Band hinzufügte. Zum Abschluss sangen sie «Männer» von Herbert Grönemeyer und liessen die Gäste mit vielen Fragen aber auch mit einer ordentlich geweckten Tanzstimmung zurück. Nach einer kurzen Umbaupause war sodann die Stunde von Fabio Friedli alias Pablo Nouvelle gekommen. Mit Gitarrist und Schlagzeuger als Support stieg er zunächst gemütlich ein. Im Zentrum des Trios stand nicht der Gesang oder eine kreative Bühnenshow, sondern ein schlichtes Gerät namens OB-6. Der analoge Oberheim-Synthesizer sah zwar harmlos aus, aber war als Leadinstrument verantwortlich für den Hauptteil der Klänge des Abends. Ihm entlockte Pablo Nouvelle immer wieder neue Kreationen und weitere Stationen, welche das Techno-Raumschiff ansteuern konnte. Beeindruckend am Samstagabend war jedoch nicht nur die Musik, sondern auch, was sich auf den drei Leinwänden hinter der Band abspielte. Die Visuals der Musiker unterstützten den Sound perfekt. Es waren Gesichter zu sehen, welche mit einzelnen Wörtern eine Art Sprechgesang der Band hinzufügten. Es blitzte, flackerte, donnerte und rumpelte mit bunten Farben, grellem Licht und vielem mehr. Eine Achterbahnfahrt fürs Auge, bei welcher es Loopings am Laufmeter gab. Pablo Nouvelle ist ein vielseitiger Musiker, der 2016 sein erstes offizielles Album «All I Need» veröffentlichte. Schon zuvor war er vom renommierten Mixmag für seine Eigenveröffentlichung «You Don’t Understand» mit dem Label «essentiell» gelobt worden. Die zwei Scheiben sorgten für Aufmerksamkeit, worauf Pablo Nouvelle zu einer ersten Europatournee aufbrach. Später besuchte er auch Südafrika, Mosambik und Swasiland und veröffentlichte 2018 das Album «Wired». 2019 unternahm er einen Ausflug in die Klassik mit «Piano Pieces» und auf der Scheibe «Eliso Lyamu Katata» sampelte er alte afrikanische Songs aus den 50er-Jahren. Die Reise ging weiter in den Trip-Hop mit dem Album «Atlas Internet Cafe» und nun machte er im TapTab mit dem Album «Vulnerability» Halt. Die Besucherinnen und Besucher erlebten auf der Tanzfläche keine Partyeskalation, es fühlte sich eher nach einer warmen Umarmung an. Die Musik hatte jedoch einen ständigen Zug, der zum Abgehen und Mitfeiern animierte. Pablo Nouvelle schaffte es, dass innert kurzer Zeit der ganze Saal feierte und seine Musik genoss. Nach diesem rasanten Flug durchs Weltall landete das Raumschiff schlussendlich wieder sicher auf der Erde.

Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen am 28. November in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“.