Am Samstagabend nahm die Sängerin Sina die Gäste mit auf eine gemütliche Reise durch ihr Chanson-Universum. Eine Konzertkritik von Hermann-Luc Hardmeier.
Foto: Selwyn Hoffmann, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier
«Sina ist einfach phantastisch», schwärmte eine Besucherin kurz vor Konzertbeginn am Samstagabend in der Kammgarn. «Niemand sonst singt so gefühlvoll wie sie.» Die Dame aus dem Publikum sollte recht behalten. Sina war ab dem ersten Song an der Baumgartenstrasse in ihrem Element. Sie brauchte keinen Starkstrom von der E-Gitarre oder ein Gewitter vom Schlagzeuger. Die ehemalige Rocklady mit der Löwenmähne ist mittlerweile 56 Jahre alt und scheint ständig auf einer gemütlichen Wolke zu wandeln. Mit ihrer siebenköpfigen Band nahm die Gäste mit auf eine Reise ins Weltall. Hätten die Astronauten bei der Mondlandung 1969 und beim anschliessenden Spaziergang schon Radio gehört, dann wäre Sinas Musik der perfekte Soundtrack für die Reise im Weltraum gewesen. Ihre Lieder luden zum Träumen ein. Planeten, Kometen, Sonnensysteme und ein ganzes Universum fanden in ihrem Rucksack Platz. Kein Wunder, denn die Walliserin macht seit 1983 Musik und hat bereits 15 Alben herausgebracht. Dabei waren viele Hits, Top-10-Platzierungen und sie gewann renommierte Preise wie beispielsweise den «Prix Walo». Begleitet wurde Sina am Samstagabend von bekannten Namen wie Adrian Stern oder Jean-Pierre von Dach an der Gitarre. Aber auch Gitarrist Martin Buess, Bassist Michael Chylewski, Schlagzeuger Arno Troxler und die Bläserfraktion mit René Mosele an der Posaune und Trompeter Dave Blaser unterstützten die Sängerin tatkräftig. Der Auftritt und die Klänge hatten am Samstagabend etwas Magisches. Obwohl bald der Frühling naht, hatte Sina eine Weihnachtsbäckerei eröffnet, in welcher es plötzlich musikalische Zimtsterne von der Kammgarndecke regnete.
Ihr aktuelles Album «Ziitsammläri» spielte am Samstagabend die Hauptrolle. Sie hatte es während der Corona-Pandemie geschrieben, weil sie aktiv gegen den drohenden kulturellen Stillstand ankämpfen wollte. Einer der schönsten und passendsten neuen Songs ist dabei «Fär wer soll i singu». Ursula Bellwald, wie Sina mit bürgerlichem Namen heisst, erzählt dabei von einem ganz besonderen Freund. Er war mit 40 Jahren an Demenz erkrankt und seine Erinnerungen waren immer mehr Zerfallen. Im Lied schafft es Sina, bei ihm einen Funken Erinnerung aufflackern zu lassen. Ein schönes Statement und eine noch schönere Reminiszenz. Ein guter Kontrast zu diesen besinnlichen Inhalten waren etwa Songs wie «T-Shirt», bei welchem sie ein besonders liebgewonnenes Kleidungsstück besang und es trotz Alterserscheinungen nicht hergeben wollte. Sina hatte bei «Ziitsammläri» mit verschiedenen bekannten Autoren und Schriftstellern zusammengearbeitet. Beispielsweise mit Franz Hohler oder Sibylle Berg. Sie schrieben ihr die Texte und Sina wandelte sie sodann in ihre einzigartige Musik um. In der Kammgarn flogen Sina am Samstagabend die Herzen der Zuhörerinnen und Zuhörer zu. Für einmal war Walliserdeutsch im Kulturclub am Rhein Amtssprache. Der Abend endete genauso harmonisch, wie er begonnen hatte.
Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am Montag, 6. März 2023.