Ein wilder Tanz auf dem Ska-Vulkan

Am Samstagabend spielten am «Rude & Rebel Ska – Fest» vier Bands und brachten die Sommerhitze in die Kammgarn. Eine Konzertkritik von Hermann-Luc Hardmeier.

Bild: Michael Kessler, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier.

«Ich freue mich echt auf den heutigen Abend. Da ist soviel Nostalgie in der Luft, dass ich Gänsehaut bekomme», sagte ein Besucher am Samstagabend in der Kammgarn. Die Ska-Szene in Schaffhausen war früher in den 2000er Jahren sehr lebendig und brachte viele Bands wie «Pete Bamboo» oder «Plenty Enuff» auf die hiesigen Bühnen. Das «Rude & Rebel Ska – Fest» liess am Wochenende nun diese Zeit wiederaufleben und brachte nicht nur die Musik, sondern auch die Partygänger von damals wieder an die Baumgartenstrasse.

Gelungene Überraschung

Den musikalischen Start machte die Schaffhauser Band «The Slobbers». Die sechs Musiker waren stylisch eingekleidet mit weissen Hemden und schwarzen Krawatten oder Kleidung mit dem typischen Ska-Muster aus schwarzen und weissen Vierecken. Sie spielten, fröhlich, unbeschwert und powervoll, wie wenn ein Schmetterling in eine Starkstromleitung geflogen wäre. «Wir sind die beste Ska-Band aus Schaffhausen», rief Sänger Mathias Muggli in die Menge und fügte augenzwinkernd an: «Und mittlerweile wahrscheinlich auch die einzige.» Die Band spielte Offbeat vom Feinsten. Ihr saftiger Mix aus Ska, Punk und Reggae mit knackigen Beats vom Drummer und lauten Gitarrenriffs brachten die Tanzschuhe zum Glühen. Das Tempo wurde gesteigert und gedrosselt. Einige Songs lockten zum Mittanzen und Mitfeiern, andere zum Geniessen. Der Höhepunkt des Auftritts war sicherlich, als die Combo eine Ska-Version von «Bloss e chlini Stadt» spielten und dabei einen berauschenden Musikcocktail präsentierten. Der Schaffhauser Rapper Sherpa hatte dabei einen Gastauftritt und zeigte, dass Rap und Ska sehr gut kombinierbar sind. Die Überraschung war «The Slobbers» gelungen und sie ernteten dafür viel Applaus und Begeisterung.

Ironische und kitschige Texte

Nach diesem starken Start war es Zeit für die Band «Frau Doktor» aus Wiesbaden. Ihr satter Sound aus Soul, Rocksteady und Ska lockte die Gäste schnell wieder in die Halle, welche sich kurzzeitig in die Raucherpause nach draussen verabschiedet hatten. Das Highlight bei «Frau Doktor» waren ihre Texte, die sehr ironisch und teilweise auch absichtlich kitschig ausfallen. Die Truppe nahm sich selbst nicht zu ernst und sang etwa bei «Alte Männer» oder «Süsse Ska-Musik» über amüsante Alltagsbeobachtungen, die sie zu humorvoll absurden Geschichten verarbeitet hatten. Nach dem Auftritt ging plötzlich das Saallicht aus und das musikalische Intro machte klar, dass die Zeit für die Berner Band «Open Season» angebrochen war. «Schaffhausen, seid ihr ready für Rocksteady?», wollte Sänger Santosh Aerthott wissen und legte gleich los. «Open Season» beherrschten das Spiel mit der Animation des Publikums perfekt. Die Hände wurden im Takt geschwenkt, der Refrain oder spezielle Textzeilen mitgesungen oder der Saal ging kollektiv in die Hocke, um sodann aufzuspringen. Der Ska der Band war mit Elementen von Popmusik gemischt. Dies war eine gute Abwechslung zu den ersten zwei Bands und sorgte für unglaublich gute Stimmung im Saal.

Schnellzug ohne Bremsen

Wer bis jetzt noch nicht mitgefeiert hatte, wurde nun mitgerissen. Die Kammgarn verwandelte sich in eine karibische Sauna mit sommerlichen Temperaturen. Zum Schluss hatten sich die Organisatoren des Abends einen speziellen Leckerbissen aufgespart: «Nguru» aus Chur sorgte dafür, dass die Stimmung endgültig explodierte und zu einem Tanz auf dem Vulkan wurde. Wie ein Schnellzug mit defekten Bremsen gaben die Bündner Vollgas und rockten mit Skapunk los. Vor der Bühne wurde wilder Pogo getanzt und es schien fast, als wäre die Ska-Szene lebendiger denn je.

Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung Schaffhauser Nachrichten am 24. April 2023.

Der Kuschelbär zeigte zwischendurch seine Krallen

Sänger Seven spielte am Freitagabend in der Kammgarn in Schaffhausen und erwärmte die Herzen der Zuhörer. Von Hermann-Luc Hardmeier.

Foto: Selwyn Hoffmann, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier

„Schaffhausen, habt ihr Bock?“, wollte der Künstler Seven gleich zu Beginn seiner Show wissen und lauter Jubel von den fast 500 Besuchern schallte ihm entgegen. Die Stimmung in der Kammgarn war bombastisch. Den musikalischen Abend eröffnete Sängerin Chiara Castelli. Nur in Begleitung eines Gitarristen spielte sie ein musikalisches Set, das es in sich hatte. 2014 hatte die Musikerin als 14-Jährige bei „The Voice Kids“ mitgemacht und ist nun erstmals auf Tournee mit Seven. Mit ihren Songs wie „No time to cry“ oder „Road Runner“ überzeugte sie mit ihrer wunderbaren Stimme die Besucher. Nach ihrem Auftritt wurde die Kammgarn ganz dunkel. Vor der Bühne war ein riesiges weisses Tuch gehängt und nur eine Keyboarderin war zu sehen. Seven begann zu singen, doch der Star des Abends war nirgends zu erblicken. Plötzlich verriet ein grelles Scheinwerferlicht seinen Standort auf der Treppe inmitten des Publikums. Gemütlich spazierte er unter grossem Beifall Richtung Bühne. Die Überraschung war mehr als gelungen. Nun fiel auch der Vorhang und die siebenköpfige Band kam zum Vorschein. Die Stimmung unter den Besucherinnen und Besuchern war ausgesprochen ausgelassen. Schon beim 1. Song wurde mitgeklatscht und mitgesungen. Es fiel Seven leicht, die Gäste zu animieren. Auf seine Initiative hin schwenkten sie die Hände über dem Kopf im Takt, lernten Salsa-Schritte und groovten zu seinen Klängen mit Hüftschwung. Die Musik war eine Mischung aus Funk und Rock. Sehr gemütlich, aber auch powervoll. Der Kuschelbär zeigte zwischendurch immer wieder seine Krallen. Seven hatte einen sehr sympathischen Auftritt und erzählte zwischen seinen Liedern immer wieder Anekdoten, die zum Schmunzeln verleiteten. Einmal übertrieb er es jedoch, als er vorrechnete, dass er das letzte Mal vor 11 Jahren in Schaffhausen war. Einzelne nicht ganz ernst gemeinte Buhrufe waren zu hören. Der Schlagzeuger intervenierte schnell und versprach: „Von jetzt an kommen wir wöchentlich.“ Die Harmonie war wieder hergestellt. Musikalisch war bei Seven auffällig, dass fast alle seine Songs auf Deutsch gesungen wurden. „Wenn man auf Deutsch singt, steht man splitterfasernackt da“, sagte Seven. „Es fiel mir lange nicht einfach, doch jetzt habe ich diesen zweiten Stift im Etui und geniesse es, ihn einzusetzen.“ Seinen Song „Seele“ spielte er sodann inmitten des Kammgarnpublikums. Dafür hatte er eine kleine Bühne auf der Tanzfläche eingerichtet und liess sich nur von der Keyboarderin begleiten. So nahe am Künstler zu sein, begeisterte die Gäste. Es folgte eine Reihe von ruhigeren Songs, bei welchen er unter anderem von seinem Bruder auf dem Cello begleitet wurde. Zum Schluss des Abends drehte Seven aber nochmals kräftige auf und bat auch Chiara Castelli nochmals zum Duett auf die Bühne. Seven schickte das Publikum sodann beschwingt und glücklich nach Hause.

Am 8. Mai 2023 erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ von Hermann-Luc Hardmeier.