Romantik pur mit dem Appenzeller Kuschelbären

Der Singer-Songwriter Marius Bear brachte am Samstagabend die Kammgarn zum Träumen. Ein Konzertbericht von Hermann-Luc Hardmeier.

Bericht: Hermann-Luc Hardmeier. Foto: Michael Kessler.

«Meine Lieben, es ist eine Freude, hier zu sein», begrüsste Marius Bear die Gäste am Samstagabend in der Kammgarn. Die Kulturhalle war nicht ausverkauft, aber mehrere Hundert Fans waren gekommen, um den sympathischen Appenzeller zu sehen und mit ihm den Abend zu geniessen. Zu Beginn stand er mit Sonnenbrille und Adidas-Trainerjacke vor den Zuhörerinnen und Zuhörern. Marius Bear ist derzeit mit der «Club Tour 2024» unterwegs und präsentiert dabei neben Klassikern auch seine aktuelle Single «Kiss You In The Morning». Er hat die Schweiz 2022 am Eurovision Song Contest mit dem Song «Boys Do Cry» vertreten. Er machte während seinem Auftritt ein paar humorvolle aber auch wertschätzende Andeutungen auf den Sänger Nemo, der den Contest just an jenem Abend für die Schweiz gewinnen konnte. In der Kammgarn spielte Marius Bear beispielsweise den Song «lonely Boy». Dieser begann ganz sanft mit der Akustikgitarre und erst nach einer Weile setze powervoll die gesamte Band ein. Die Stärke von Marius Bear ist nicht nur seine Musik, welche nicht einfach nur vibrierte, sondern flüsterte, weinte und lachte, sondern seine gefühlvolle Stimme. Sie ist rauchig, kraftvoll, sehnsüchtig und intensiv. Der Kuschelbär erzeugte damit eine romantische Stimmung, wie wenn man an einem kalten Wintertag vor dem Kaminfeuer sitzen und sich genussvoll bei einem warmen Getränk entspannen würde. Die Songzeilen flogen wie Funken aus dem Feuer und erhellten mit der Wärme die Gesichter des Publikums. Marius Bear erzählte zu jedem Lied eine kleine Geschichte. So widmete er ein Lied seiner Mutter, seinem Vater oder erwähnte, dass «Hemmigslos Liebe» ihn an seine erste Liebe in der 4. Klasse im Skilager erinnerte. Der genannte Song ist übrigens ein Cover von Fabienne Louves und Marc Sway aus der Sendung «Sing meinen Song». Auch einige weitere Bear-Versionen von bekannten Liedern wie etwa Whitney Houstons Klassiker «I Wanna Dance With Somebody» spielte er in der Kammgarn. Ein Highlight war sicherlich, als Marius Bear plötzlich auf einer kleinen Bühne inmitten der Kammgarn erschien und die Gäste dort mit einer Performance überraschte. Er sang zunächst nur mit der Gitarre bewaffnet und holte danach seine Band als Verstärkung dazu. Das Publikum leuchtete mit den Handys und schwenkten diese im Takt des Liedes. Wie eine verträumte, stürmische See wirkte die Kammgarn. Der Kapitän Marius Bear steuerte gemächlich und selbstbewusst durch die wirbelnden Gewässer. Danach drückte der zweimalige Gewinner des Swiss Music Awards etwas aufs Gaspedal und spielte Lieder wie «365» und «Hol de Rum». Der Sänger genoss den Auftritt sichtlich und verabschiedete sich mit den Worten: «Danke vielmals für heute. Ihr strahlt mich alle an wie gute Freunde. Das ist wunderschön.»

Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am Montag, 13. Mai 2024. Von Hermann-Luc Hardmeier.

Explosive Partystimmung im Bienenstock

«Öffnet eure Herzen und geniesst den Abend», forderte die Frontfrau des Balkan Paradise Orchestra am Freitagabend zum Konzertbeginn das Publikum in der Kammgarn auf. Zehn Frauen, bewaffnet mit Trompete, Klarinette, Tuba, Posaune und weiteren Blasinstrumenten, starteten mit unglaublich viel Freude und Energie in den Abend. Der Sound katapultierte die Gäste von Anfang an vom Hocker und sorgte für kräftige Tanzstimmung vor der Bühne. Zu hören gab es von der Band aus Barcelona Balkan Brass Musik gemixt mit Jazz, Funk, Latino, Ska und weiteren spannenden Zutaten. Fans von Boban Markovic sowie auch von Altmeistern wie Seeed kamen dabei vollumfänglich auf ihre Kosten. Das aktuelle Album der Combo namens «Nèctar» erzählt mit Metaphern, dass in der Natur die Bienen ihre Stärke in der Zusammenarbeit gefunden haben. Die explosive Stimmung im Bienenstock in der Kammgarn zeugte davon, dass nicht nur das gemeinsame Arbeiten, sondern vor allem das gemeinsame Feiern kräftige Endorphine ausschütten kann. Die Power-Ladys auf der Bühne hatten für jedes Lied eine eigene Choreographie mitgebracht, welche animierte, selber das Tanzbein zu schwingen. Mehrheitlich standen die Instrumente und nicht der Gesang im Zentrum der Show. Ein Lied wurde sodann jedoch gänzlich A cappella ohne Instrumente gesungen und sorgte für tosenden Applaus. Als weiteres Highlight erklang die Titelmelodie des Films «Pulp Fiction» und auch eine Rap-Einlage wurde zum Besten gegeben. Das Balkan Paradise Orchestra fegte wie ein erfrischender Sturm durch die Baumgartenstrasse und war viel zu schnell wieder vorbei. Doch für die Partylöwinnen und Partylöwen war noch längst nicht Zapfenstreich: Nach dem Konzert folgte die Afterparty mit dem «Trubači Soundsistema» bis in die frühen Morgenstunden.

Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am 7. Mai 2024.