Eine Klangwolke mit Elektronikgewitter

Mit Horrorgeschichten im St. Galler Dialekt unterhielt die Band des satirischen Songwriters Manuel Stahlberger am Freitagabend im Schaffhauser Club „TapTab“ das Publikum mit bizarren Geschichten und apokalyptischem Galgenhumor. Ein Konzertbericht von Hermann-Luc Hardmeier.

Bild: Stahlberger im Rampenlicht. (Foto: Mike Kessler, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

Simsalabim! Das weisse Tuch wird gelüftet, und darunter verbirgt sich ein mürrisch-melancholisches Gesicht. Jenes von Manuel Stahlberger. In der Satiresendung «Deville» war der Komiker und Songwriter während Monaten der Sidekick des Showmasters und liess sich einmal pro Woche unter besagtem weissen Tuch hervorzaubern. Irgendwann hatte er genug vom Klamauk und konzentrierte
sich wieder auf das Musikalische. Am Freitagabend trat er zwar nicht vor dem
«Deville»-Grosspublikum auf, aber immerhin im TapTab, das einen Grossandrang verzeichnete. Mit seinem neuen Album «Dini zwei Wänd» ist er derzeit auf Tour und hat den Sprung in die elektronischen Gefilde gewagt. Nach wie vor ist sein Markenzeichen der ausgeprägte St. Galler Dialekt, in welchem er skurrile und bizarre Geschichten mit seinem altbekannten lakonischen Unterton erzählt. Die vierköpfige Band unterstützt ihn dabei gekonnt und tatkräftig. Doch bevor Stahlberger zur Trommelfellmassage ansetzte, wärmte die Vorband «Bitter Moon» das TapTab auf. Die zwei rollten einen
Klangteppich aus, der wirkte, als würde gerade ein Ufo im TapTab landen. Sphärische
Klänge, grellbunte Lichter und elektronische Musik mit mysteriös piepsenden Untertönen. Irgendwie verstörend, irgendwie aber auch sehr relaxend. Chill-out à la Morcheeba traf auf 80ies-Synthie-Pop.

Sozialkritische Alltagsbeobachtungen

Nach einer kurzen Umbaupause wurde das TapTab mit der Nebelmaschine kräftig eingedeckt. Dann erschien Manuel Stahlberger. Ein dramatischer Auftritt, vergleichbar mit Mephisto, als er sich bei Faust gerade seiner Pudelgestalt entledigt hatte und mit dem ahnungslosen Gelehrten den Teufelspakt schliessen wollte. Auch sonst schien Stahlberger ein bisschen mit den dunklen Mächten im Bunde zu sein. «Im nächsten Song geht es um einen Albtraum », erzählte er mit ernster Miene. «Aber das Schlimmste sind nicht das Blut und der Horror, sondern dass ich wieder in der Schule war.» Die Band gab Vollgas, und zusammen mit dem nächsten Lied über eine Regenbogensiedlung war ein markiger Einstieg gelungen. Die Texte waren gesellschafts- und sozialkritisch. Alltagsbeobachtungen wurden grotesk verzerrt und mit Stahlbergers apokalyptischem Galgenhumor dezent gewürzt. Stahlberger stand bei seinem Auftritt nicht gerne im Zentrum. Auf der Bühne hatte er verschiedene
Instrumente verteilt, die es ihm erlaubten, manchmal aus dem Rampenlicht zu
treten. Er spielte Keyboard, Ukulele und Synthesizer, welche er mit seiner markanten Erzählstimme mischte. Stahlberger sorgte dafür, dass die Besucher im TapTab auf einer
gemütlichen Klangwolke schwebten. Zwischendurch entlud sich ein kräftig-kurzes
Elektrogewitter. Insgesamt ein perfekter Start ins Wochenende.

Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten am 6. Mai 2019.