Theaterkritik: Zu Besuch bei den Bünzlis

Von Hermann-Luc Hardmeier: Klischees über die Schweiz gibt es viele. Im Casinotheater Winterthur kann man diese beim Stück „Achtung Schwiiz“ für einmal hautnah erleben. Eine Theaterkritik/ Theatervorschau von Hermann-Luc Hardmeier

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Bild: Der Flyer des Stücks „Achtung Schwiiz“. (Foto: www.casinothater.ch, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

Die Multikulti-WG von Willi ist in Gefahr. Im neusten Theaterstück des Casinotheaters ist ein pedantischer Kontrolleur zum Hausbesuch angekündigt. Der examinierende Beamte, gespielt von Viktor Giacobbo, soll überprüfen, ob tatsächlich eine Schweizer Familie an der angekündigten Adresse wohnt. Dumm nur, dass diese Wohnung alles andere als familiär besetzt ist. Ein libanesischer Germanistikstudent, ein hübsche Französin, ein lebensbejahender Italiener und ein Österreicher mit einem heftigen Alkoholproblem teilen sich in besagter Wohnung die Miete. Willi, der einzige Schweizer, ist auf Skitour und kann nicht helfen. So beschliessen die Bewohner kurzerhand, dem Kontrolleur eine heile Familie vorzuspielen. Doch wie spielt man „echte Schweizer“? Der Kreativität der Studenten sind keine Grenzen gesetzt: Die Schweizerfahne an die Wand, das Fondue auf den Tisch, fluchend wie ein Bauarbeiter und bei jedem Wort noch ein „-li“ angehängt (beispielsweise: Jetzt spielen wir mit der Playstationli“) fühlt man sich gut vorbereitet. Doch da haben die Bewohner die Rechnung ohne den Kontrolleur gemacht, der einfach nicht gehen will und sich bei Fendant und Fondue richtig „heimelig“ in der Wohnung einzurichten gedenkt. Der Nachbar Herr Schellenberger wittert den Braten und beginnt die Studenten zu erpressen. Die hübsche Französin fällt aus der Rolle, und, und, und. Das Stück „Achtung Schwiiz“ ist eine herrlich lustige Komödie und Gesellschaftssatire, die uns Schweizern den Spiegel vor die Nase hält. Sind die Klischees über uns alle falsch? Gibt es eigentlich echte Schweizer? Und wie verhalten wir uns gegenüber unseren ausländischen Einwohnern? Viele dieser Fragen werden aufgeworfen, einige geklärt, bei anderen nur die Synapsen der Zuschauer aktiviert. Es darf viel gelacht werden über die Bünzlis und die Multikulti-WG. Zudem überrascht das Stück mit einem Turnaround-Schluss, der hier natürlich nicht verraten wird. Fazit: Unbedingt das Stück besuchen. Es lohnt sich, und zwar nicht nur für Bünzlis. Das Stück läuft noch bis zum 4. Oktober.

Von Hermann-Luc Hardmeier