Ex SRF-Moderator und Satiriker Dominic Deville schockierte und begeisterte im Stadttheater. Eine Theaterkritik von Hermann-Luc Hardmeier.
«Momentan wäre es ein guter Moment, um Kokain zu konsumieren», war einer der derben Sprüche von Dominic Deville. Der Satiriker trat am Donnerstagabend im Stadttheater Schaffhausen auf. Er galt als designierte Erbe der sonntäglichen Satiresendung Giacobbo-Müller auf SRF und hat sieben Jahre und 153 Sendungen lang das politische und gesellschaftliche Geschehen durch den Kakao gezogen. Wer einmal «live» im Publikum sass, weiss, dass Deville immer wieder Sprüche servierte, die zu heftig für SRF waren und sodann rausgeschnitten wurden. Gesendet wurde eine gezähmte Version des ehemaligen Punkrockers und ausgebildetem Kindergartenpädagogen. Bei seinem Bühnenprogramm «Off» scheint es nun, als müsste er keine Rücksicht mehr nehmen und kann sich von allen Fesseln lösen. Im Stadttheater sorgte das zuweilen auch dafür, dass man manchmal leer schluckte. Einige der Scherze waren köstlich, einige tanzten auf dem schmalen Grat des guten Geschmacks und einige überschritten die Grenze auch deutlich. Dominic Deville teilte beispielsweise kräftige gegen Abtreibungsgegner aus und bezeichnete die «Marsch für s’Läbe»-Teilnehmer als Gebärmutter-Taliban. Er fand, die Hamas hätte den Gotthardtunnel besser als die Schweizer bauen können und schimpfte über Ex-Nationalrat Christoph Mörgeli. Besonders hart ging er mit den SBB ins Gericht, weil sie auch nach 20 Jahren es nicht geschafft haben, alle Bahnhöfe barrierefrei zu gestalten und körperlich beeinträchtigte Personen nach wie vor Probleme beim Nutzen des ÖVs dadurch haben. Keine Frage: Dominic Deville ist kein Peach Weber, der einfach amüsieren und unterhalten will. Der Satiriker hat viel zu sagen und will es explizit auch in derben und eindeutigen Worten ausdrücken. Dass er dazwischen Scherze einbaut und dabei weder Menschen mit Beeinträchtigung, Politiker oder Drogenkonsumenten schont, gehört für ihn klar zum Programm. Als der deutsche Satiriker Jan Böhmermann 2016 sein Schmähgedicht gegen den türkischen Präsidenten Erdogan veröffentlichte und dabei von fast allen Seiten dafür Schelte kassierte, hörte man als Rechtfertigung immer wieder folgenden Satz: Satire darf alles, solange sie als Satire erkenntlich ist. Diesen Freipass nutzt Dominic Deville ausgiebig und geniesst es sichtlich. Er kennt keine Tabus und keine Grenzen. Das ist erfrischend, unterhaltsam, humorvoll aber auch immer wieder erschreckend. Fazit: Zum Glück kein Abend für oberflächliches Gefasel und belanglose Witzchen. Aber auch kein Abend für politische Korrektheit und schwache Nerven.
Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am 2. Nov. 2024.