Wenn Dürrenmatt auf dem Kamel galoppiert

Von Hermann-Luc Hardmeier: Das Trio „Trampeltier of Love“ begeisterte am Donnerstagabend das Lokal „Cardinal“ in Schaffhausern mit einer herrlich schrägen Show. Eine Konzertreview von Hermann-Luc Hardmeier.

trampeltier

Bild: Das Trampeltier begeisterte die Zuschauer. (Bericht: Hermann-Luc Hardmeier, Foto: Selvyn Hoffmann).

Trampeltiere sind dafür bekannt, dass sie ohne Rücksicht auf Verluste alles plattwalzen. Kaum einer hat besagte Lebewesen jemals in einem Ballerina-Röcklein gesehen, leichtfüssig ein paar Piroutten tanzend. Und genau deshalb wäre es seltsam gewesen, hätte die Combo „Trampeltier of Love“ im Cardinal am Donnerstagabend ein gewöhnliches Konzert gegeben. Schon bei den ersten Klängen im Raucherbereich des Lokals wurde klar: Dieser Abend wird aussergewöhnlich. Die zwei Thuner Sänger und der Luzerner Tuba-Spieler hatten Instrumente wie Gitarre, Keyboard und Pfannendeckel zur Hilfe. Für den Beat waren zwei Fusstrommeln verantwortlich. Matto Kämpf und Simon Hari aka King Pepe wechselten sich beim Singen ab. Wobei Matto Kämpf eher lesend erzählte, während King Pepe in der Notenwelt zu Hause war. Die Stimmung der Gäste war gut. Schon beim dritten Song liessen sie ein kollektives „Oh yeah“ erklingen, jedes Mal, wenn es die Band wünschte.

Mischung aus Skurrilitäten

Inhaltlich ging es oft um banale Alltagsbeobachtungen, die so gewöhnlich erzählt wurden, dass sie äusserst amüsant wirkten. Das Gezänke von Kindern im Sandkasten, eine Frau, die in den Bus steigt, ein Pharmazeut auf Abwegen, die russische Protestbewegung „Pussy Riot“ oder ein im Chor vorgetragener Kalauer zu den Kontinenten der Erde. Gewisse Lieder dauerten nur eine Strophe. Andere Songs begannen melodisch und endeten im Chaos eines übersteuerten Keyboards. Die Fusstrommel war immer wieder jenseits jedes Taktgefühls. Zeitweise stellte man sich die Frage, ob die Stücke eigentlich geprobt worden waren. Wahrscheinlich absichtlich nicht. Genau diese Mischung aus Skurrilitäten machte den Abend aus. „Trampeltier of Love“ lieferte vielleicht mehr Kunst als Konzert, aber genau das gefiel den Gästen. Die Musiker mussten oft selbst lachen, wenn sie rhetorische Pausen machten oder einen Song abrupt beendeten. „Grossartig. Das macht richtig Spass“, kommentierte eine Besucherin die Darbietung. Und doch merkte man; das Trio hat musikalisch einiges auf dem Kasten. Plötzlich schmetterten sie einen guten Blues oder Country aufs Parkett. Die Füsse wippten mit, durch die Lautsprecher säuselte der Refrain, dass der Sänger gerne einen Kühlschrank voller Kokain haben möchte. Doch das war noch nicht alles: Die Band rechnete humorvoll mit Brad Pitts schlechter Darstellung im Film „Troja“ ab und liess verlauten, dass Dürrenmatt im Hallenbad ersäuft werden sollte. Man hätte dem Trio nach lange zuhören mögen. Sie haben die Klischees niedergetrampelt, und danach den Raum mit Liebe und Humor geflutet. „Trampeltiere of Love“, der Name war Programm und überzeugt restlos.

Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am 7. Februar 2015.