Power-Opa mit viel Rock’n’Roll im Gepäck

Der Bluesrock-Star Mungo Jerry nahm das Kulturlokal Kammgarn in Schaffhausen am Freitagabend auf einen fetzigen Ausflug in die Seventies mit. Eine Konzertkritik von Hermann-Luc Hardmeier.

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Bild: Mungo Jerry mit einer seiner vier Gitarren. (Foto: Hermann-Luc Hardmeier, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

Wow, diese Frisur! Doch am Freitagabend beeindruckte nicht nur der riesige Afro auf dem Kopf des Bandleaders Mungo Jerry. Der Musiker rockte von der ersten Sekunde an. Die 350 Gäste in der Kammgarn feierten ihn, als wäre man in die Zeitmaschine gehüpft und in die Seventies zurückgereist. Ray Dorset, wie der Engländer mit bürgerlichem Namen heisst, spielte zeitweise vier Instrumente und hatte neben Mundharmonika, Rassel und Pfeife vier Gitarren dabei. Sein Keyboarder griff beherzt in die Tasten, sein Bassist liess die Bauchtöne schwingen und der Schlagzeuger knackte, knallte und rumpelte, dass kein Fuss der Zuschauer stillstehen konnte. „Rock’n’Roll all night long“, schrie er den begeisterten Zuhörern entgegen. Mit seinem aufgestellten Kragen, dem offenen Hemd und seiner Bühnenshow würde man dem Künstler nicht geben, dass er bereits 70 Jahre alt ist. Nach der Pause musste der Bluesrocker sogar das Outfit wechseln, so verausgabt hatte er sich. Mit seinen Hits „Lady Rose“, „Baby Jump“, „Alright, Alright, Alright“ oder „Mighty Man“ feuerte er dem Publikum ein. Der Sound der Band war so authentisch, dass den Besuchern spontan Koteletten wuchsen und sich die Jeans zu Schlaghosen dehnten. Man hatte fast vergessen, dass sein grösster Chartstürmer „In the Summertime“ noch gar nicht gespielt worden war. Die saftigen und kernigen Songs begeisterten und führten dazu, dass jedes Lied mit grossem Applaus quittiert wurde. „Den nächsten Song kennt ihr von den Platten eurer Oma“, scherzte Mungo Jerry zwischendurch selbstironisch. Und überhaupt: Der Star war bestens gelaunt. Die Minute, in welcher Mungo Jerry kein Lächeln mehr im Gesicht hat, wird wohl die Welt untergegen. Denn das scheint undenkbar. In den zweieinhalb Stunden spielte er so leidenschaftlich, dass ihm sogar sein Armbändchen aufplatzte und zu Boden fiel. „Ich bin echt gerne hier. Ihr seid grossartig“, freute sich der Künstler. Und selbstverständlich flogen ihm alle Herzen entgegen, als er endlich seinen Hit „In the Summertime“ spielte. Den Refrain sang jeder mit und vergass, dass man sich in der Kammgarn und nicht am Woodstock-Open-Air oder in einem Bluesrock-Keller in London befand. Nach dem Konzert gab Mungo Jerry Autogramme, posierte für Fotos und unterhielt sich mit den Gästen. Unter anderem mit Tom Albatros Luley, mit welchem er über seinen Auftritt vor neun Jahren im Dolder2 sprach. „Er ist nicht nur ein grossartiger Musiker, sondern auch ein super Entertainer“, schwärmte Luley. „ Das war ein toller und grandioser Abend, ich komme gerne wieder“, bilanzierte Mungo Jerry später im Gespräch. Schaffhausen würde sich freuen.

Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am 4. April 2016.