Der Max Frisch von Schaffhausen ist tot

Im Alter von 71 Jahren ist am Sonntag der Schriftsteller Markus Werner gestorben. Er galt als einer der grossen der Schweiz und hat mit seinen sieben Romanen die Schweizer Literarturlandschaft geprägt. Sein letzter Roman „Am Hang“ erschien 2004. Markus Werner war Kantonsschullehrer und fand eher spät zu seiner Berufung als Schriftsteller. Sein absoluter Bestseller „Zündels Abgang“ machte ihn schweizweit bekannt. Er selber schätzte den Rummel um seine Person nicht und lebte sehr zurückgezogen. Interviews gab er kaum, öffentlich feiern lassen wollte er sich nicht. Nicht einmal Schüleranfragen für kleine Interviews im Rahmen von ihren Abschlussarbeiten nahm er entgegen. Kein Wunder, gesundheitlich ging es ihm leider sehr schlecht. Lange litt er an einer Lungenkrankheit.

Max Frisch oder nicht?

Die Frage nach der Bedeutung von Markus Werners Schaffen steht im Raume. Ist er ein kleiner Schriftsteller aus der Provinz Schaffhausen oder kann er sich auf einen Sockel mit Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt stellen? Experten sind sich in den Nachrufen nach seinem Tod einig. Die Schweiz suchte lange nach einem Nachfolger von Max Frisch, dabei war er schon lange da. In der Person von Markus Werner. Natürlich ist sein Werk nicht das gleiche, natürlich ging er anders mit seiner Bekanntheit um und natürlich kann niemand in die Fussstapfen des grossen Schriftstellers Frisch steigen. ABER: Markus Werner hat mit seinen Büchern, die er übrigens liebevoll „meine sieben Zwerge“ nannte, tiefgründige Literatur erschaffen. Sogar Literaturkritiker wie Reich-Ranicki lobten seine Lektüren. Ein Beispiel? „Am Hang“ ist so vielschichtig, dass man es eigentlich zwei Mal lesen muss, um es zu verstehen und im ganzen Umfang zu erfassen. Es ist faszinierend, dass man beim zweiten Mal des Buchgenusses eine komplett andere Lesererfahrung macht. So macht Literatur Spass.

Ehrungen verpasst

Wenn sich die Kritiker über die Bedeutung von Markus Werner so einig sind, dann bleibt doch die Frage: Wo waren sie zu seinen Lebzeiten? Erst kurz vor seinem Tod im Jahre 2016 erhielt er den „ProLitteris“-Bücherpreis. Ansonsten hat man sein Schaffen nicht speziell geehrt. Schade, schade. Das ist eine verpasste Chance.

Der Tod von Markus Werner ist ein grosser menschlicher Verlust, aber auch ein grosser Verlust für die Welt der Literatur. Möge er in Frieden ruhen.

Von Hermann-Luc Hardmeier