Dank Geheimrezept: 1 Million Passagiere pro Jahr

Von Hermann-Luc Hardmeier: Edelweiss Air CEO Karl Kistler verriet im Haus zur Wirtschaft, wie seine Fluglinie und deren erfolgreiche „Little extra“ – Strategie funktioniert. Unter den Gästen waren viele KMU-Interessierte und für die Schaffhauser Nachrichten der Journalist Hermann-Luc Hardmeier.

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Karl Kistler (links) und Rolf Bänziger kurz vor dem Auftritt am KMU-Forum. (Bild: Hermann-Luc Hardmeier)

„Ich gebe die Startbahn frei. Are you ready for Departure?“, mit diesen Worten übergab Rolf Bänziger dem CEO der Edelweiss Air das Rednerpult. Rolf Bänziger ist Leiter Höhere Fachschule für Wirtschaft Schaffhausen“ ((HFW) und Präsident des gleichnamigen Fördervereins. Zusammen mit dem KMU-Forum hatte er den Redner ins Haus zur Wirtschaft eingeladen. Die knapp 50 Zuhörer erfuhren, was hinter dem Slogan „Schöner fliegen“ der Airline steckt und warum das Unternehmen den „Golden Travel Award“ elf mal in Folge gewonnen hat. Die Bombe liess Karl Kistler gleich zu Beginn platzen. Zumindest für all jene, die ihn nicht kannten. Er ist kein CEO, der gemütlich im Büro sitzt und sich die Zahlen vorbeibringen lässt. Nein, er ist selber Pilot, hat vom Militärfallschirm über den Helikopter bis zum Airbus bereits alles geflogen. Und: Er fliegt selber bei Edelweiss Air. Qualitätskontrolle vor Ort sozusagen. „So spüre ich den Puls der Gäste, weiss, wo die Abläufe bei den Mitarbeitern nicht stimmen und was sonst für Probleme in der Luft liegen“, so Karl Kistler. „Und natürlich geniesse ich das Fliegen. Nichts ist schöner.“ Man stelle sich vor: Credit Suisse CEO Brady Dougan sitzt selber am CS-Schalter und nimmt Einzahlungen entgegen oder man kann das neue Billy CD-Regal gleich an der Kasse beim IKEA-Gründer Ingvar Kamprad zahlen. Unvorstellbar? Bei Edelweiss Air mitnichten.

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Eine typische Maschine der Edelweiss Air. (Foto: www.edelweissair.ch, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

Geheimrezept gelüftet

Karl Kistler erzählte, wie die Edelweiss Air gegründet wurde, wie sie stark unter Druck der Billigflieger geriet und eine Tochter der Lufthansa und somit die Schwester der Swiss wurde. Der Konkurrenzkampf mit den Low-Cost Airlines ist hart. Wahrscheinlich härter, als Karl Kistler zugeben vermochte. Um so interessanter war es darum, als er das Geheimrezept der Fluglinie verriet. Passend verglich Kistler das Verhältnis zu den Kunden mit seiner Ehefrau. „Sie geht jahrelang immer zum gleichen Frisör. Wenn dieser jedoch einmal schlecht schneidet, geht sie nie wieder hin. “ Die Metapher war angekommen. Fluglinien können sich keine Fehler leisten und müssen die Kunden stets gut umsorgen. Dafür wendet die Edelweiss Air die „Little extra“ – Strategie an. „Es geht darum, den Kunden Komfort zu bieten, für sie da zu sein und angenehm zu überraschen.“ Immer ein Extra auf Lager zu haben, das macht die Fluglinie aus. Warum sollen nur die Business-Kunden zwischen allen Zeitungen auswählen können? Warum soll man einen Gast mit Flugangst nicht speziell betreuen? Warum soll man nicht einen Wein ausschenken, den man zu Hause auch guten Gästen anbietet und warum soll der Pilot nicht einmal ausführlich über den Zielort via Bordmikrophon informieren? Dies sind Beispiele dafür, warum sich die Gäste von Edelweiss Air immer einen Tick wohler fühlen, als bei einem herkömmlichen Flug. Die Extras sind nicht aufgezwungen und dürfen sich natürlich nicht auf den Flugpreis auswirken. Aber die Wirkung ist enorm. „Die Gäste fühlen sich bei uns wohler als auf anderen Flügen.“ Das wirkt sich auch auf die Zahlen aus. 1 Million Passagiere pro Jahr werden befördert, 350 Millionen Franken Umsatz generiert die Fluglinie. Der Erfolg liegt auch am Herzblut des CEOs für seine Firma. Auf die Frage aus dem Publikum, ob er lieber CEO oder Pilot sei, antwortete er wie aus der Pistole geschossen: Natürlich Pilot.

Von Hermann-Luc Hardmeier. Fotos: Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung Schaffhauser Nachrichten