Der Durst von Dr. Ginger ist immer noch gross

Vor genau einem Jahr starteten zwei Schaffhauser in Benken mit der Produktion ihres eigenen Likörs. Der Absatz ist mittlerweile reissend. Das Wachstum verursachte aber auch Probleme. Von Hermann-Luc Hardmeier.

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Prost! Patrick Stauffacher und Blerton Gashi haben genau vor einem Jahr damit begonnen, ihren eigenen Ingwer-Likör namens Dr. Ginger herzustellen. Damals noch in der WG in Benken und unter enormen Zeit- und Materialaufwand. Am ersten Produktionstag stellten sie lediglich zwei Flaschen her und haben sie im Verlaufe des Abends mit Kollegen gleich selber getrunken. Das süsse Getränk mit scharfem Abgang begeisterte. Eine Geschäftsidee war geboren. Patrick Stauffacher hat früher Partys in der Munotstadt sowie im Raum Zürich organisiert und konnte seine alten Kontakte nutzen, um das Getränk in der hiesigen Gastronomie zu verankern. (Die SN berichtete darüber am 22. Juli 2017). Pro Woche wurden bald zwanzig Flaschen hergestellt.

Explosion im Dezember

„Wir hatten das Weihnachtsgeschäft total unterschätzt“, erzählt Sanitär Blerton Gaschi, der immer ein bisschen zur Zurückhaltung bei der Produktion mahnte. Doch er sollte sich irren. Durch Medienberichte und der Präsenz auf Social Media wurde der Volg, die Landi und die Falkenbrauerei auf die zwei Braumeister aufmerksam. Zudem bereisten sie verschiedene Weihnachtsmärkte. Nun ging es Schlag auf Schlag. Falken hatte die bestellten 60 Flaschen in rund 24 Stunden verkauft und verlangte Nachschub. Auch im Volg und in den Schaffhauser Baren stieg der Durst. Die Eltern von Stauffacher und Gashi schnippelten im Akkord Ingwer und der halbe Kollegenkreis der zwei half bei der Produktion mit. Mittlerweile verarbeitete Dr. Ginger 140 kg Ingwer pro Monat. Und als wäre das nicht genug, meldete sich auch noch der Lebensmittelinspektor. Der Dezembersturm machte klar, dass Dr. Ginger expandieren und professionalisieren musste. Doch wie sollten sie das anstellen?

Von der Milchzentrale zum Grosshandel

„Da kam ich ins Spiel“, freut sich Robin Schmanau, der bei Unilever und Biotta gearbeitet hat und Lebensmitteltechnologe ist. Er beriet seine langjährigen Freunde Stauffacher und Gashi mit seinem Fachwissen. Nun mieteten die drei zur Herstellung des Zauberwässerchens die alte Milchzentrale in Benken. Grossvater Stauffacher legte den Boden für das neue Hauptquartier und wieder halfen viele Freunde mit, damit die Ostschweiz von Dr. Ginger beliefert werden konnte. Der Lebensmittelinspektor segnete die Produktionsstätte ab, reglementierte jedoch auch eine Obergrenze für die Produktion. Von Dezember bis März wuchs die Herstellung um das Fünffache an. „Manchmal war das nicht mehr lustig“, erklärte Stauffacher. „Ohne die tatkräftige Hilfe von Familie und Freunden wäre das Projekt gescheitert.“ Es gab auch Rückschläge wie ein Tank, der 60 Liter des Likörs auf den Boden anstatt in die Flaschen abfüllte. Doch dann sorgte ein neuer Deal für Herzkammerflimmern: Rio, die grösste Getränkemarkt-Kette der Schweiz, meldete sich. „Der Chef schickte uns ein euphorisches Mail, nachdem wir ihm eine Degustationsflasche hatten zukommen lassen“, freut sich Stauffacher. „Ihr habt mit Dr. Ginger den Vogel abgeschossen“, stand da zu lesen und der Handel war perfekt. Genau ein Jahr nach Produktionsstart beginnt am 28. März der Verkauf in allen 34 Filialen von Rio Getränke. Ein wichtiger Schritt, den die drei Freunde ganz wie in alten Zeiten mit einer eigenen Party names Bartek im Cuba Club einen Tag später feiern. Mit diesem Auftrag ist die Milchzentrale nun definitiv zu klein und Dr.Ginger muss sich nach einem grösseren Produktionsraum umsehen. Um die Schnapsidee mit dem scharfen Abgang wird es auch in Zukunft nicht leiser werden. Denn an Ideen mangelt es nicht.

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Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am 29. März 2018.