Die Theatersportabende in der Kammgarn sind längst Kult und sorgten am Freitag- und Samstagabend gleich zweimal für ein proppenvolles Haus und viel Interaktion des Publikums mit den Schauspielern. Eine Theaterkritik von Hermann-Luc Hardmeier.
«Fünf, vier, drei, zwei, eins – und los!» Das Publikum zählte jeweils im Chor die Szenen ein, welche die Schauspieler auf der Bühne zu improvisieren hatten. Die Stimmung bei der Veranstaltung des Schauwerks war nicht nur gut, sondern voller ungeduldiger Vorfreude. Einmal im Jahr findet Theatersport an der Baumgartenstrasse statt. Der Startschuss erfolgte 2004 und somit war diesmal das 20-jährige Jubiläum angesagt. Die Veranstaltung ist mittlerweile Kult und das Konzept ist bewährt: Zwei Schauspieler-Teams treten gegeneinander im Improvisationstheater auf der Bühne an. Die Zweiergruppen werden von einem Schiedsrichter gebändigt und von der Pocketband musikalisch unterstützt. Die Inputs für die Kurztheater kommen vom Publikum. Die Gäste sind gleichzeitig die Regisseure der Stücke und geben Ort, Personen oder Emotionen vor. Am Schluss bewerten sie mit roten oder blauen Karten, wer besser war. Das Team mit den meisten Punkten gewinnt zum Schluss. Am Freitagabend duellierten sich die «Gorillas Berlin» mit «Tsurigo». Am Samstag wurden die Zürcher durch «Winterthur Theatersport» ersetzt. Die Veranstaltung startete mit einem «Stop and Go»-Spiel. Alle Schauspieler spielten mit, doch jeweils in unterschiedlichen Kombinationen zu unterschiedlichen Themen. Somit fanden auf der Bühne vier Theaterstücke gleichzeitig statt. Eine Pilotin startete, dann kamen eine Bibel und ein Curlingstein ins Spiel. Zum Schluss gab es einen Heiratsantrag und einen spontanen Song zum Thema «Pudding». Schon dieses erste Game zeigte, den Reiz der Veranstaltung. Die Schauspieler können zu jedem Thema eine witzige Szene improvisieren, die überraschende Wendungen nehmen kann und für beste Unterhaltung sorgt.
Es folgten Theaterstücke mit einem Balletttänzer, ein Song namens «Digital Detox» oder einer Kundin, welche beim Metzger heimlich Leberkäse gestohlen hatte. Das Highlight des Abends war aber das «Herausforderungs-Spiel», bei welchem das andere Team dem Gegner eine Aufgabe stellte. Die Zürcher bekamen zwei Personalausweise aus dem Publikum und mussten damit ein Stück spielen. Den Berlinern wurden vom Publikum fünf Schweizerdeutsche Ausdrücke vorgegeben, welche sie nicht verstanden. Damit mussten sie ihr Theaterstück rund um den Besuch eines Zeugen Jehovas bestreiten. Der Saal konnte kaum noch atmen vor Lachen, als sich Björn Harras von den «Gorillas» über den nervigen «Gigampfi»-Bibelfan ärgerte, ihm ein Originalverpacktes «Chrüsimüsi» schenkte und ihn anschliessend zu einem Glas «Füdli» einlud. Erst nach der Aufführung erfuhren die Berliner, was sich in Wirklichkeit hinter den Begriffen verbarg. Am Freitagabend endete der Wettbewerb überraschend mit einem Unentschieden. Am Samstag gewann Winterthur. «Der eigentliche Sieger ist beim Theatersport jedoch das Publikum», freute sich Katharina Furrer vom Schauwerk. «Wir haben einmal mehr einen rasanten, dynamischen Abend mit grenzenloser Kreativität erlebt.»
Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am Montag, 15. Januar 2024.