Flöten-Folter, Unterleibsprobleme und Beuteschemen im Skilager

Am Freitagabend trat die Schaffhauser Comedian und Bloggerin Pony M. in der ausverkauften Kammgarn auf. Von Hermann-Luc Hardmeier.

„Hallo, hoi! Es ist so schön, zuhause zu sein!“ Pony M. begrüsste die Kammgarn herzlich und erhielt gleich zu Beginn begeisterten Applaus vom vollen Haus. Seit sie 2013 ihr Leben über den Haufen geworfen hat und ihren Job als Psychologin an den Nagel hängte, ist viel passiert. Mit über 64 000 Followern auf Facebook und ihrem Blog auf Watson zählt sie heute zu den erfolgreichsten Bloggern der Schweiz. Derzeit ist sie mit ihrem Programm „Dini Muetter“ auf Tournee und zeigte in der Kammgarn einen Querschnitt durch ihr Werk. Pony M. alias Yonni Meyer erzählte aus ihrer Vergangenheit, gab Alltagsbeobachtungen zum Besten, philosophiert und garnierte ihre scharfzüngigen Kommentare mit einer kräftigen Portion Humor. „Was macht einen echten Schweizer aus?“, war einer der ersten Fragen, die sie in den Raum warf. Sie bediente nun nicht etwa Klischees wie Käsefondue und Jodelvereine, sondern sprach über Skilager, Schulausflüge ins Technorama und Blockflötenunterricht. Sie gestand wildromantische Gefühle für einen der damaligen Lagerleiter. „Hmm, er ist wohl heute 60. Er war damals mein Beuteschema. Heute bin ich möglicherweise seins“, resümierte sie lakonisch. Die Zuhörer schwelgten in Erinnerungen und kugelten sich vor Lachen, als sie detailliert über verkochten Riz Casimir, lauwarmen Sirup aus der Thermoflasche und das Blockflötenspiel an Weihnachten im Familienkreis sprach. Die akustische Flöten-Folter beschrieb sie in allen Details. „Ich litt, die Zuhörer litten und auch die Blockflöte. Manchmal frage ich mich, wie es in so einem vollgespuckten Holzkörper wohl aussieht?“

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Bild: Evelyn Kutschera

Herr Kunz und sein Koffer

Die Lesung des Abends fand auf zwei Ebenen statt. Einerseits wurden viele Geschichten aus ihrem Zyklus präsentiert, andererseits bestimmte die Story des Geschäftsmannes Herr Kunz die Show. Dieser hatte seinen Koffer beim Flug verloren und mutierte ohne Handy sowie Laptop gezwungenermassen zum Offline-Abenteurer. Häppchenweise erfuhr das Publikum über die ganze Vorstellung verstreut, wie es Herrn Kunz ergangen war. Eins der Highlights des Abends waren sicherlich auch ihre Beobachtungen im Mikrokosmos Krankenzimmer. Welche typischen Menschen trifft man im ärztlichen Warteraum? Heiteres Gelächter brach aus, als Pony M. über den „Plauderi“, den „Google-Hypochonder“ und die „Telefoniererin“ sprach. Letztgenannte spricht mit leiser Stimme und geheimen Codes über Beziehungskrach und Unterleibsprobleme. Trotz allen Sicherheitsmassnahmen erahnen die Zuhörer vieles. Leider zu viel. Pony M. sorgte nicht nur für amüsante Unterhaltung, sondern forderte auch zum Perspektivenwechsel auf. „Vielleicht sind Fünflieber perverse Münzen, die von dir am Selecta-Automaten gerieben werden wollen. Vielleicht wollen die Ramseiers mal etwas anderes, als grasen gehen. Beispielsweise ins Alpamare. Und vielleicht spricht Bundesrat Johann Schneider-Ammann nicht unheimlich langsam, sondern wir alle einfach unheimlich schnell.“ Man hätte gerne noch lange zugehört, doch Herr Kunz hatte sich mittlerweile mit seinem Offline-Leben angefreundet. Er genoss sein analoges Dasein und verzichtete zukünftig auf die geschäftliche Erreichbarkeit in seiner Freizeit. Vielleicht war dies eine der Hauptbotschaften von Pony M. für die Besucher. Wir haben ein schönes Leben. Aber es würde nicht schaden, die Augen zu öffnen und uns mehr mit anderen Menschen, anstatt mit dem Smartphone zu beschäftigen.

Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am 8.Mai 2018.

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Und so fand Pony M. meinen Bericht. Besten Dank, ich fands auch einen superstarken Abend!