Mit Emil ist sogar die Steuererklärung ein Gaudi

Comedy-Urgestein Emil Steinberger zeigte am Montagabend in Dachsen, dass er auch noch mit 89 Jahren das Publikum zum Lachen bringen kann. Von Hermann-Luc Hardmeier.

Alle wollten ihn sehen. Die Mehrzweckhalle in Dachsen war am Montagabend restlos ausverkauft. 270 Gäste waren für den Auftritt des Urgesteins der Schweizer Comedyszene gekommen. Steinberger ist nicht nur bekannt durch seine zahlreichen, jahrzehntelange Bühnenshows, sondern auch durch seine Rolle im Film «Schweizermacher» oder sein einjähriges Gastspiel im Zirkus Knie. Mit seinem Programm «Emil schnädered», tourt er derzeit durchs Land und gibt nochmals einen vielfältigen Einblick in sein Können. «Sie werden mir nicht glauben, was mir heute in Dachsen passiert ist», begann Emil seine Erzählungen. Als er im hiesigen Café bei einer Zeitungslektüre und einem koffeinhaltigen Getränk entspannen wollte, setzte sich eine Frau zu ihm und prellte zum Schluss die Zeche. Als er sie vor der Tür zur Rede stellen wollte, wurde er prompt verhaftet, da ihn die Dame angezeigt hatte. Die unglaubliche Geschichte war humorvoll erzählt und Emil löste zum Schluss auf: «Ich habe Ihnen einen Bären aufgebunden.» Der Mix aus echten Begebenheiten und erfundenen Geschichten, die durchsetzt mit lustig nachgespielten Alltagsbeobachtungen waren, sind eine Stärke von Emil. Egal ob er ein neuzeitliches Märchen erzählt, in welchem Aschenbrödel zusammen mit Schneewittchen ein Nailstudio eröffnet und zum Schluss der Schweizer Post der Nobelpreis verliehen wird, oder ob er sich über das Wort Kohlensäure aufregt. Emil ist auch mit 89 Jahren eine Wucht. Immer wieder lässt er durchblicken, dass er trotz weissen Haaren im Herzen ein schelmischer Lausbube geblieben ist. Er zieht den Abbau des Service Public durch den Kakao oder macht sich über Weinkenner lustig, die mit Ausdrücken wie «Der Wein schmeckt nach Karamell, Schokolade, aber auch Liebstöckel und Essigstich», wichtig und mondän auftreten. «Wer will schon einen Wein mit Essigstich?», mokierte er sich. Einer der stärksten Momente der Show war, als Emil einen genervten Ehemann spielte, der eine Hochzeitskarte für ein befreundetes Paar verfassen sollte. Er dachte sich die lustigsten Kombinationen aus, welche sich reimen könnten. Zwischendurch stritt er sich mit der imaginären Ehefrau, welches Hochzeitsgeschenk gekaufte werden soll und warum sie um Himmels Willen dieses Paar überhaupt kenne. «Wegen diesem Seich geht mein ganzer Samstag flöten», fluchte er. Danach setzte Emil an zu einer Mathematiklektion, bei welcher er anschaulich die Mengenlehre erklärte: «Ein Kreis sind Zürcher, ein Kreis ist Kalbfleisch. Was ist die Schnittmenge?» – «Züri Geschnetzeltes», rief das Publikum im Chor. Im zweiten Teil des Abends hatten einige Programmpunkte ein wenig an Schwung und Biss verloren. Vielleicht war die Aufführung mit zwei Stunden ohne Pause ein wenig zu lange geraten. Mit einem sehr amüsanten Rollenspiel, bei welchem ein Paar eine Steuererklärung ausfüllte, und mit einer Vielzahl von Zugaben schickte der Comedy-Meister jedoch alle Zuschauer beschwingt und vergnügt nach Hause.

Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am 12.10.2022. Von Hermann-Luc Hardmeier.