„Eine Badewanne voller guter Ideen ist nutzlos“

An der 7. Impulsveranstaltung des ITS ging Roland Haas der Frage nach, ob man Kreativität messen kann und was das einer Firma für Vorteile bringt.

«Ich bin sehr gespannt, was uns erwartet», freute sich Roger Roth vom Industrie- und Technozentrum Schaffhausen (ITS). Die Organisation hatte ins Haus der Wirtschaft
geladen. Roland Haas vom «five is – innovation management» stellte dort am
Donnerstagabend seine Überlegungen zum Thema «Kreativität messen» vor.
Viele Besucher dachten nun, er spreche vielleicht über bahnbrechende Erfindungen
wie das Internet oder innovative Produkte wie selbstfahrende Autos. Doch der Redner hielt bloss eine simple Konservendose in der Hand. «Ich gebe Ihnen eine Minute
Zeit, mir Verwendungszwecke für diese alte Raviolidose aufzuschreiben
», sagte er und forderte vom Publikum gleich selbst eine kreative Leistung
ein. Die Besucher fanden erstaunlich viele Möglichkeiten. Schnurtelefon,
Musikinstrumente, Schutz vor Fäulnis bei Pfählen, Blumentöpfe, Lampenschirm
oder Zahlungsmittel. Ein Gast hatte sogar dreizehn Ideen notiert. Nun
sammelte Roland Haas dreissig Vorschläge auf einer Flipchart und liess
diese anschliessend vom Publikum bewerten. Es gab drei Siegerideen, und
der Referent erklärte nun, was hinter diesem kleinen Experiment steckte.
Prinzipiell hatte er fünf Grundpfeiler für die Messung von Kreativität gefunden.
Wobei er eine wichtige Einschränkung vornahm: Kreativität kann
man nicht messen, sondern «nur» divergentes Denken (im Gegensatz zu
konvergent-fokussierendem Denken) und Originalität. Denn Kreativität ist
immer subjektiv und relativ. Zum Zweiten stellte er fest, dass die kreative
Leistung immer vom Umfeld beeinflusst wird. Es ist also kaum erstaunlich,
dass Firmen wie Google sehr viel Geld und Energie in das Arbeitsumfeld
investieren. Der Google-Campus erinnert an eine Mischung aus Spielplatz
für Erwachsene, Wellnessoase und Familienbetrieb. Drittens braucht kreative
Leistung auch Hintergrundwissen. Roland Haas sprach von sogenanntem
«Domänenwissen». «Ansonsten erhält man eine Badewanne voller guter
Ideen, die aber wegen ihrer zu breiten Streuung nutzlos sind.» Beim vierten
Punkt zeigte Roland Haas ein Bild der «Let’s Dance»-Jury und illustrierte damit,
dass Produktekreativität von einem Fachgremium beurteilt werden
muss. Und als letzten Punkt legte er fest, dass es viel hilfreicher sei, kreative
Ideen zu ordnen, statt sie zu beurteilen. Mit einer spannenden Diskussion,
welche Rolle der Faktor «Zufall» spiele und ob die Atombombe eine kreative
oder eine teuflische Erfindung gewesen sei, endete der Anlass mit einem feinen Apéro.

Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am 20. August 2016.