„Cringe“ ist das Jugendwort 2021

Wenn etwas seltsam, komisch oder peinlich ist, nennt man dies in der Jugendsprache «cringe». Der Ausdruck wurde durch ein Online-Voting bestimmt.

Von den Eltern in die Schule gebracht zu werden, kann schon ziemlich «cringe» sein. 1,2 Millionen User waren sich einig, dass der Ausdruck das aktuelle Jugendwort werden sollte. Die Wahl wird jeweils vom Langenscheidt-Verlag organisiert.

Nachdem früher eine Jury mit Erwachsenen für die Wahl verantwortlich war, geschieht dies heute durch ein Online-Voting von meist Jugendlichen auf der Homepage des Langenscheidt-Verlages.

Auf dem Podest landeten auch die Begriffe «sheesh» und «sus». «Sheesh» drückt Erstaunen oder Ungläubigkeit aus. Das Wort wird entweder vor oder nach dem Gesagten eingesetzt, um die Aussage dramatisch zu unterstreichen. «sus» ist die Abkürzung für «suspekt» Dies könnte man mit «auffällig» oder «verdächtig» übersetzen.

In den vergangenen Jahren sind «Lost» (2020) als ein Ausdruck der Ahnungslosigkeit und Ehrenmann/Ehrenfrau (2019) für einen freundlichen Menschen zu den Siegern erklärt worden. Gestartet hatte die Wahl 2008 mit dem Wort «Gammelfleischparty», welches einen U-30-Tanzanalass bezeichnet.

Danach waren der Kreativität keine Grenzen mehr gesetzt worden. Egal, ob man «am Fly sein» (wenn jemand besonders abgeht), Babo, Yolo oder Swag verwendete. Die Jugendsprache zeigte ganz klar, dass auch provokante und auf den ersten Blick sinnlose Redewendungen wie «I bims» (hallo, ich bins) begeistern können.

Während fünf Jahren wählte die Schweiz ihr eigenes Jugendwort. «Shaz», «hobbylos» «chills», «Mopfer» (Mix aus Mobbing + Opfer) und «s’beschte wos je hets gits» wurden damals als ideale Vertreter der jugendlichen Ausdrucksweise gekürt.

Läuft bei dir! Könnte man der Jugendsprache zurufen, denn das Interesse an den Begriffen ist nach wie vor riesig. Die Langenscheidt-Jury hat nur eine Regel aufgestellt: Die Ausdrücke dürfen nicht beleidigen, nicht diskriminieren oder sexistisch sein.

So hatten die Wörter «Alpha-Kevin» (der Chef der «Vollidioten») oder Speckbarbie (eine übergewichtige Frau in zu engen Kleidern) keine Chance auf den Siegerplatz. Das wäre dann ein epic Fail der Sonderklasse gewesen.

Spannende Wortschöpfungen waren beispielsweise auch «Gönnjamin» (jemand, der es sich in jeder Situation gut gehen lässt) oder «Smombie» (für Leute, welche auf den Handybildschirm starren und deshalb wie ein Zombie durch die Welt laufen. Smombie = Smartphone + Zombie). Sehr bildhaft ist beispielsweise auch «Zwergenadapter» als Ausdruck für einen Kindersitz «Axelfasching» für Haare unter den Armen oder «Emoji-Tourette» für jemanden, der exzessive beim Smartphone die kleinen bunten Bilder einsetzt.

Zum Dönerwetter nochmals. Das läuft nicht nur bei mir, sondern das galoppiert bei mir. Man darf bereits gespannt sein auf die kommenden Jugendwörter-Wahlen. Denn langweilig wird es bestimmt nicht. Alles andere wäre ziemlich «cringe», nicht wahr?

Von Hermann-Luc Hardmeier

 

„Lost“ ist das Jugendwort 2020

Das Jugendwort 2020 steht fest. Doch was heisst „lost“ und warum hatten „wild“ und „cringe“ das Nachsehen?

Bild: Die Jugendsprache bleibt unberechenbar. Mit „lost“ ist dem Wörterbuch ein weiterer kreativer Anglizismus entsprungen. (Foto: Hermann-Luc Hardmeier. Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

„Chill mal, Alter!“ Der Langenscheidt-Verlag hat nach einem Jahr Pause die beliebte Wahl zum Jugendwort wieder aufgenommen. Wer hat’s erfunden? Ätsch, diesmal nicht die Schweizer, denn das Jugendwort war ein „Nebenprodukt“ zur Wahl des „Wort und des Unwortes des Jahres“ unserer Nachbarn. Doch spätestens als 2009 die Eidgenossen die Wahl unter Leitung einer Radio SRF-Jury kopiert haben und den Ausdruck „s’beschte wos je hets gits“ zum Gewinner gekürt wurde, erfreuen sich auch hierzulande die Wahlgänge grosser Beliebtheit. Klar, es gab einige Durchhänger. „hobbbylos“ oder „Smombie“, eine Mischung aus Smartphone und Zombie, sorgten für gedämpfte Temperaturen im Duden-Schmelzofen. Doch es gab immer wieder Highlights wie „Swag“, „Yolo“ oder „Babo“. Ihr wisst schon, der Chef unter den Chefs. 2018 wurde Ehrenmann/ Ehrenfrau das Jugendwort des Jahres und liess einen für Tod gehaltenen Begriff wieder aus der Gruft steigen. Doch dann wurde der Langenscheidt-Verlag verkauft an Pons und 2019 brachte man es nicht auf die Reihe zu wählen. Ein Fail der Extraklasse. Wahrscheinlich hatte das irgendein Alpha-Kevin (Der Volldepp unter den Deppen) verursacht. In einer inoffiziellen Wahl im Internet wurde der Ausdruck „Gönnjamin“ gekürt. Ein Ausdruck für jemanden, der das Leben in vollen Zügen geniesst. Meistens hat er damit Erfolg und ist damit das pure Gegenteil eines Lauchs. Ein unmuskulöser Mensch oder ein Vollversager. Damit wären wir auch gleich bei der Frage angelangt, warum „Lauch“ nie zum Jugendwort wurde. Richtig: Der Begriff zum Jugendwort muss neu sein, er muss verbreitet unter Jugendlichen sein und zum Schluss: Er muss etwas Positives oder lustiges ausdrücken. Beleidigungen werden aus Prinzip nicht akzeptiert. So hatte Alpha-Kevin keine Chance, Lauch auch nicht. Auch Ausdrücke wie Zwergadapter (für Kindersitz), Böög (für eine störende Person), Speckbarbie (eine zu dicke Frau in zu engen Kleidern), Spaghetti-Sultan (ein Lauch) oder andere Schmeicheleien mussten dem strengen Urteil der Jury weichen. 2020 ging der Langenscheidt-Verlag nun einen neuen Weg: Die Wahl fand vollständig online statt. Tausende von Vorschlägen konnte man während mehreren Monaten einreichen. Die drei aussichtsreichsten wurden sodann zur Wahl durch die Internet-User zugelassen. In der Pole-Position waren „wild“, „lost“ und „cringe“. Letztgenanntes meint etwas Peinliches oder Unangenehmes. „Wild“ oder „wyld“ hingegen bezeichnet etwas Krasses oder Heftiges. Würde man eine Wandergruppe fragen „Seid ihr wild“?, so würde die Wanderung offenbar kurz vor der Eskalation stehen. Mit der Konfettikanone würde man sich gegenseitig die Wanderschuhe um die Ohren feuern, der mitgebrachte Ghettoblaster würde wilden Techno spielen, mit den Wanderstöcken würden ein Lichtschwertkampf wie bei StarWars ausgetragen und vom Himmel würde ein Ufo in Form einer Bratwurst fallen. Ja, das in etwa wäre „wild“ und würde den Organisator wohl ziemlich „cringe“ zurücklassen. Doch die zwei Ausdrücke blieben auf der Strecke. „Lost“, ein Ausdruck, der gleichsam „ahnungslos“, „verloren“ oder „planlos“ heisst, steht nun auf dem Podest. Habe ich die Hausaufgaben nicht gemacht, so bin ich completly lost. Aber merkt es der Lehrer nicht, so dreht der Spiess. Voll lost, wenn er sowas nicht mitbekommt. Eigentlich ist das neue Jugendwort der perfekte Ausdruck, der das Jahr 2020 beschreibt. Corona hat uns alle ein bisschen „lost“ zurückgelassen. Ferienpläne umgeworfen, die Openair-Saison vermasselt und vielen guten Partys und Events den Stecker gezogen. Da wünscht man sich doch irgendwie das Jahr 2016 zurück, als „Am Fly sein“ eine besonders coole Situation beschrieb oder als 2014 mit „Läuft bei dir“ die Welt sich noch so drehte, wie sie sollte. 2008 wurde übrigens das Jugendwort ins Leben gerufen. „Gammelfleischparty“ bezeichnete damals eine Ü-30-Party. Total lost, aber alle Gönnjamins, Lauchs, Speckbarbies und Alpha-Kevins würden mittlerweile liebend gerne die Quarantäne gegen ein bisschen Spass am Gammelfleisch-Event eintauschen. 2021, hoffentlich „läufts bei dir“. Wir wären ready und „wild“.

Von Hermann-Luc Hardmeier. Publiziert am 16. Oktober 2020.

«Gönnjamin» wird nicht Jugendwort 2019

Die „offizielle“ Wahl wurde durch den Verlag abgesagt.

Einmal im Jahr gehört die deutsche Sprache den Jugendlichen. Der Duden wird ordentlich aufgepimpt. Swag und Kreativität statt verstaubte Begriffe dominieren die Diskussion. «Yolo», «Babo» und «Ehrenmann/Ehrenfrau» waren nur einige der sprachlichen Mixturen, welche die Wahl des Jugendwortes in der Vergangenheit hervorgebracht haben.

Organisiert wurde die Wahl jeweils vom Langenscheidt-Verlag, der dazu gleich das passende Jugendslang-Lexikon namens «100 Prozent Jugendsprache» herausbrachte. Eine Mischung aus Wettbewerb, Spass, Pausenhof und Marketinggag, die sehr bekömmlich schmeckte.

Spannend war auch immer wieder, welche Wortkreationen es nicht aufs Podest schafften. Da war beispielsweise «Lauch», für einen Menschen, der nicht sonderlich muskulös ist, «Alpha-Kevin» für den König der Deppen oder der Ausdruck «Niveaulimbo», wenn die Messlatte für ein vernünftiges Gespräch ständig tief und tiefer gesetzt werden muss.

2019 jedoch wird den Sprachfans ein Strich durch die Rechnung gemacht. Die Wahl zum Jugendwort findet nicht statt. Schuld ist schlussendlich aber nicht nur Langenscheidt, sondern eine Umwälzung in der Verlagslandschaft. Und das kam so: Im Frühling hat der Pons-Verlag (gehört zur Klett-Gruppe) das Haus Langenscheidt aufgekauft bzw. übernommen. Der Zeitpunkt war für die Jugendwort-Abteilung unglücklich, denn das neue Lexikon war natürlich noch nicht fertig. Pons hat sich noch nicht entschieden, ob sie das Jugendslang-Nachschlagewerk weiterführen will und deshalb derzeit die Pausentaste gedrückt.

Online gibt es einige Seiten, die trotzdem zu einer Wahl aufrufen und Vorschläge entgegennehmen. Dabei ist beispielsweise das Wort „Gönnjamin» aufgetaucht. Ein Ausdruck für jemanden, der es sich gut gehen lässt und das Leben geniesst. Er «gönnt» sich des Öfteren auch den Besuch in einschlägigen Fastfood-Etablissements, feierte die Nacht durch und auch seine Brieftasche sitzt ziemlich locker. «Verchillt» und glücklich geht er durch den Tag. Ein «Gönnjamin» eben. Eins der Online-Votingportale wurde allerdings gehackt und die Organisatoren beendeten danach ihre Wahl.

Scheint fast so, als ob 2019 die Wahl unter einem schlechten Stern steht. So wirklich fehlen werden Begriffe wie «Gammelfleischparty» als Bezeichnung für eine Ü-30-Party oder «Speckbarbie» für eine dicke Frau in zu engen Kleidern zwar niemandem, aber trotzdem war es eine herrliche Gelegenheit, um über die Sprache nachdenken zu können. Man darf gespannt sein, ob 2020 der Pons-Verlag wieder grünes Licht gibt und Gönnjamin oder ein anderer Ehrenmann sodann vom Podest lächeln darf.

Von Hermann-Luc Hardmeier.

„Ehrenmann“ bzw. „Ehrenfrau“ ist Jugendwort des Jahres 2018

Eine 21-köpfige Jury hat das „Jugendwort des Jahres“ 2018 gewählt: Es lautet „Ehrenmann“ beziehungsweise „Ehrenfrau“. So werde jemand bezeichnet, der etwas Besonderes für einen tut, erklärte der Langenscheidt-Verlag am Freitag in München. Verhält man sich also wie eine echte Lady oder wie ein echter Gentleman, so ist man in den Augen der Jugendlichen ein Ehrenmann oder eine Ehrenfrau. Die Jury bestand in diesem Jahr unter anderem aus Journalisten, Bloggern, Schülern und einem Polizeikommissar aus Berlin-Kreuzberg.

Juror Oliver Bach, Literaturwissenschaftler an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, sagte über „Ehrenmann/Ehrenfrau“: „Die Jugendsprache hat dieses Wort wiederentdeckt. Zur Zeit meines Opas war der Ausdruck auf höhere, männliche Gesellschaftsschichten beschränkt. Diese Grenze ist nun gefallen.“ Der 18 Jahre alte Youtuber Fabian Grischkat sagte: „Ich freue mich besonders über das Wort, da es in Zeiten von Hass und Hetze ein positives Zeichen setzt. Jeder Mensch, der eine gute Tat vollbringt, darf sich ab heute mit dem offiziellen Jugendwort schmücken!“ Bei einer vorangegangenen, unverbindlichen Online-Abstimmung war Ehrenmann/Ehrenfrau“ auf dem dritten Platz gelandet. Seit Ende August bis zur Wahl am 13. November standen 30 Begriffe zur Auswahl, die zeigen sollen, wie Jugendliche heute reden. In der Auswahl stand auch das sehr häufig verwendete Wort „Lauch“. Es bezeichnet einen Trottel bzw. jemand, der laut der Jury „unmuskulös“ ist.

Lauch hatte leider von Anfang an keine Chance, denn Beleidigungen und Schimpfwörter werden aus Prinzip nicht zum Jugendwort erkoren. Der Langenscheidt möchte mit der Wahl die Kreativität der Sprache zeigen und ein positives Signal senden, heisst es immer wieder vom Organisator der Wahl. Da passen negative Begriffe natürlich nicht ins Bild. Der Favorit der rund 1,5 Millionen Teilnehmer des Online-Votings war „verbuggt“ – für etwas, das voller Fehler ist. Ebenfalls viele Stimmen erhielt der Begriff „Breiern“. Der Ausdruck soll den Zustand erklären, wenn jemand erbricht und trotzdem weiterfeiert. „Besti“ für beste Freundin, „Borderitis“ als Allergie gegen Grenzen und „Axelfasching“ für Achselhaare schafften es auch auf die Liste. „Auf deinen Nacken“, ein Ausdruck für „Du zahlst“ oder „Boyfriend-Material“ für jemanden, der sich für eine Beziehung eignet, sind weitere kreative Wortkreationen, welche eingereicht wurden. Man könnte die Liste noch seitenlang fortsetzen. Da stand beispielsweise auch „glucosehaltig“ für süss, „Ich küss dein Auge“ für jemanden, den man gerne hat, „lan“ für krass, „wack“ für langweilig oder „lit“ für cool bzw. „Lituation“ für eine coole Situation. Ein „Appler“ prahlt gerne mit seinem iPhone, ein „Gymkie“ (Kombination aus Gym und Junky) ist jemand, der zu oft in der Muckibude trainiert. Ein „Snackosaurus“ ist ein verfressener Mensch“ Der ist gerade voll am „Ranten“ heisst so viel wie ausrasten. Beim „Chinning“ schiesst man ein Selfie, auf welchem man ein Doppelkinn imitiert. Schaust du zu lange in den Bildschirm, dann hast du vielleicht einen „Screenitus“. Wer sich in der Nacht in die Decke einrollt, der ist ein „Einwraper“.“Sheeesh“ ist ein Ausdruck des Erstaunens. Echt jetzt? Wirklich? Ja! Und zu guter Letzt sei noch auf die Ausdrücke „zuckerbergen“ und „Lmgtfy“ hingewiesen. Das erste heisst so viel wie „stalken“, der zweite Ausdruck ist die Abkürzung für „Let me google that for you“. Verwendet wird er, wenn jemand eine unnötige Frage stellt, die auch Google beantworten kann.

Die Kriterien für die Top 30 sind laut Verlag Originalität, Kreativität, Verbreitung sowie kulturelle, gesellschaftliche und zukünftige Relevanz. Die Jury musste sich dann für eines der zehn beliebtesten Wörter aus dem Online-Voting entscheiden. 2017 hatte der Ausdruck „I bims“ gewonnen, ein Synonym für „Ich bin“ und „Ich bin’s“. Seit 2008 wird jährlich ein Jugendwort bestimmt. Da die Wahl eine Werbeaktion des Langscheidt-Verlages für sein Jugendsprache-Buch ist, wird häufig diskutiert, ob das gewählte Wort wirklich dem Sprachgebrauch von Jugendlichen entspricht. Ziemlich verbuggt, denn schliesslich arbeiten bei Langenscheidt viele Ehrenmänner und Ehrenfrauen. Und falls du mehr wissen willst: Lmgtfy!

Von Hermann-Luc Hardmeier. Verfasst am 18. November 2018.

Jugendwort 2016: Der Tindergarten und der Fleischdesigner

Bist du ein Fleischdesigner oder ein Uhrensohn? Magst du Banalverkehr oder bist du so krass am fly, dass dein Vater nicht mehr aufhören kann zu darthvadern?

Wer bei diesem Kauderwelsch weder Bahnhof noch Bushof versteht, der hat die Rechnung ohne den Langenscheidt Verlag gemacht. Wie jedes Jahr sammelt das Buchhaus im Internet Vorschläge für Jugendwörter und kürt danach das Siegerwort der Jugendsprache. Hier die Hitliste der vergangenen Jahre des deutschen Jugendwortes. Die Wahl des Schweizer Jugendwortes wurde 2013 eingestellt. Offenbar gibt es seit diesem Jahr keine Jugendlichen mehr in unserem Lande 😉

  • 2015: Smombie (Smartphone + Zombie = Smombie)
  • 2014: Läuft bei dir (wenn einfach alles klappt)
  • 2013: Babo (der Boss)
  • 2012: Yolo (You Only Live Once = Lebe so, als wärs dein letzter Tag «Carpe Diem»)
  • 2011: Swag (cooler Typ, der den Style gepachtet hat)
  • 2010: Niveaulimbo (Absinken des Gesprächsniveaus)
  • 2009: hartzen (nicht arbeiten, auf der faulen Haut liegen)
  • 2008: Gammelfleischparty (Ü-30-Partys)

Und wer jetzt denkt, bei diesen Wörter habe man den Duden durch den Fleischwolf gedreht und danach zu lieblosen Sprachkomposthäufchen zusammengepappt, der hat noch nicht die Vorschläge für das kommende Jahr gesehen. Die einen hassen sie, die anderen lieben sie, doch eines muss man jedes Jahr erneut mit Respekt feststellen: Die Jugendsprache ist extrem kreativ. Man wird niemals alles verstehen, und das ist auch gut so.

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(Foto: Hermann-Luc Hardmeier, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

Und los geht’s, hier eine kleine Auswahl aus den Top-30 der diesjährigen Wahl:

Wenn man besonders abgeht, so nennt man das „am fly sein“, Ein Hopfensmoothie ist die Bezeichnung für ein Bier, ein Tintling ein Tätowierer und eine Vollpfostenantenne ein Selfiestick. Wer Analog-Spam erhält, der hat einfach einen guten alten Werbe- oder Bettelbrief per Post erhalten. Der beste Freund/ die beste Freundin ist das/der/die „bae“ (before anyone/anything else). Wenn ich also „Party with my Bae“ mache, so ziehe ich mit meiner Freundin oder meinem besten Kumpel um die Häuser. Hast du eine Bambusleitung? Dann ist die Internetverbindung mal wieder so richtig mies. Ein belangloser Chatverlauf ist ein Banalverkehr und wenn jemand sagt „isso“, dann stimmt er dir zu. Jawohl! Äh, isso. Wenn jemand mal so richtig den Vater raushängen lässt, dann ist er am darthvadern (Ich bin dein Vater, Luke!). Ein Fleischdesigner ist ein Chirurg, ein Uhrensohn benimmt sich zur falschen Zeit wie ein Idiot, ein Dumfall ist ein dummer Unfall. Jemand, der einen Tindergarten auf dem Telefon hat, der sammelt Onlinekontakte und was Mois, gz, mailden und Yologamie bedeuten, ja damit könnte man noch ganze Bücher füllen.

Derzeit führt Tintling. Wir sind gespannt, wie die Wahl ausgeht und trinken während der Wartezeit jetzt erstmals ein Hopfensmoothie mit dem Bae. Isso.

Von Hermann-Luc Hardmeier

„Smombie“ ist das Jugendwort 2015 – Eine sprachliche Zombiejagd

Wirft man die Begriffe „Zombie“ und „Smartphone“ in den Duden-Mixer, so erhält man das deutsche Jugendwort 2015 namens „Smombie“. Von Hermann-Luc Hardmeier.

Ein „Smombie“ ist eine junge Person, die von der Umwelt nichts mehr mitbekommt, weil sie nur auf ihr Handy starrt. Solche Menschen kann man täglich auf der Strasse beobachten. Nicht selten kommt es dabei zu unheilschwangeren Situationen: Zusammenstössen mit Strassenschildern, anderen Mitmenschen, beinahe Unfälle, wenn der Smartphone-Fan fast in den Bus läuft oder das lustigste: Wenn zwei „Smombies“ zusammenstossen.

„Smombie“ ist das deutsche Jugendwort des Jahres. Die Jury des Langenscheidt-Verlags kürte den Begriff an einem sehr passendem Datum: Am Freitag, den 13. wurde in München die Telefon-Zombiejagd eröffnet.

Ausgeknobelt wurde der Begriff mittels eines Online-Votings auf der Jugendwort-Seite. Dort hatte zwar der Begriff „merkeln“ ganz vorne gelegen. Das heisst in etwa so viel, wie „abwarten und keine Entscheidung treffen“ mit einem kleinen sarkastischen Seitenhieb auf die aktuelle deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Verhalten in politischen Krisen.

Doch ganz so demokratisch wie man meint, geht es dann doch nicht zu und her. Das Siegerwort wird von der Langenscheidt-Jury selber ausgewählt. Ein Begriff wurde dieses Jahr sogar disqualifiziert. Es handelt sich dabei um den Ausdruck „Alpha-Kevin“. Laut den Wortschöpfern ein Synonym für einen „Oberdeppen“. Da der Langenscheidt-Verlag niemanden beleidigen wollte, wurde der rote Zensurstift angesetzt. „Es lag uns fern, Personen zu diskriminieren“, lautete die offizielle Begründung dazu.

„Smombie“ reiht sich ein in die Siegerliste der deutschen Jugendwörter, seit es die Wahl gibt.

  • 2014: Läuft bei dir
  • 2013: Babo
  • 2012: Yolo
  • 2011: Swag
  • 2010: Niveaulimbo
  • 2009: hartzen
  • 2008: Gammelfleischparty

Neben „Smombie“ und „merkeln“ waren auch noch Ausdrücke wie „Maulpesto“ (starker Mundgeruch“, „Dia Bolo“ (missratenes Selfie) und „Discopumper“ (einer, der nur ins Fitnessstudio geht, um im Ausgang gut auszusehen) im Rennen.

In der Schweiz hätte 2015 sicherlich der Satz „Ich bin Bruno, der Kameramann“ oder „Hallo Mueter“ das Rennen als beliebteste Jugendausdrücke gemacht. Doch leider wurde in Helvetia die Wahl des Jugendwortes gestoppt. Das letzte offizielle wurde 2012 mit „shaz“ gewählt. Danach folgte 2013 noch eine Abstimmung von 20min.ch, die den Begriff „chills“ kürte. Seither gibt den Jugendlichen die deutsche Jury den Takt an. Ob die Vertreter des TV-Magazins „taff“, Bravo-Redakteure, Youtubern, Langenscheidt-Experten und wer noch alles dabei war, wirklich wissen, wie die heutige Jugend spricht?

„Smombie“ ist nicht gerade ein Ausdruck, der leicht über die Lippen geht. Auch ergibt eine Umfrage von verschiedenen Radiostationen und Online-Medien am Wahltag das Ergebnis, dass die Jugendlichen den Begriff oft gar nicht kennen. Wenn man ihnen jedoch die Bedeutung erklärt, können viele darüber lachen.

Naja, ist das der Sinn einer Wahl zum Jugendwort?

Bei dieser Frage kann man skeptisch, kritisch, ablehnende oder lobend sein. Fakt allerdings ist folgendes: Die Wahl des Jugendwortes lässt einmal pro Jahr darüber nachdenken, welche neuen Begriffe durch die jungen Hirne flattern und vielleicht eines Tages im Duden Einzug finden werden.

Und insofern ist es ja unwichtig, ob „Smombie“ nun oft benutzt wird, oder nicht. Aber irgendwie ist es beruhigend, dass die Jugend nach wie vor neue Wörter erfindet, die hoffentlich nicht nur von einigen Jugendlichen, sondern vor allem auch Erwachsenen nicht verstanden werden.

Genau das ist das doch das Witzige an der Jugendsprache.

Ach ja, noch ein Tipp für alle „Smombies“: Schaut ab und zu von eurem Smartphone auf und werft einen Blick auf die Strasse. Sonst gibt es bald keine von euch mehr, welche die Jugendsprache sprechen können. Und das wäre doch hashtag-lol-selfie-stick und yolo-mässig schade.

Von Hermann-Luc Hardmeier.

Zensur beim Jugendwort 2015 – Eine notwendige Massnahme?

Swag? Yolo? Hashtag? Welches Wort macht 2015 das Rennen bei der Wahl zum Jugendwort? Die Jagdsaison ist eröffnet. Doch die Euphorie der Sprachgoldgräber erhielt anfangs Woche einen kräftigen Dämpfer. Erstmals hat der Langenscheidt-Verlag zum Zensurstift gegriffen. Beim Online-Voting lag das Wort „Alpha-Kevin“ auf dem 1. Rang. Bis jetzt. Doch nun hat der Verlag das Wort gestrichen.

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(Bildquelle: www.webfail.com, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

Um zu verstehen, warum das Wort etwas heikel ist, muss man ein wenig in der Jugendsprachkiste graben. Seit längerem gilt dort der Vorname „Kevin“ nicht als Kompliment, sondern wird als Beleidigung benutzt. Warum? Tja, das ist eines der vielen Mysterien der Jugendsprache. Es gibt wohl nicht DEN einzig wahren Grund.

Deshalb hier der Versuch einer kleinen Erklärung. Es gibt gewisse Namen, die sind sehr verbreitet. 2014 war Luca der beliebteste Namen bei Neugeborenen Jungs in der Schweiz. Wenn man in einen Raum mit vielen Menschen „Matthias“ ruft, dann ist die Chance sehr gross, dass fünf Menschen sich angesprochen fühlen, weil nun mal viele so heissen. Ein weiterer solch weitverbreiteter Namen ist nun auch „Kevin“. Vor allem in Deutschland. Weil offenbar sehr viele Menschen so heissen, wurde der Name dann irgendwann zu einer Spassbeleidigung. „Du bist ein Kevin“, bedeutete bald einmal, dass man nicht gerade der Hellste sei.

Ein weiterer Erklärungsversuch ist jener, dass in den 90er-Jahren offenbar viele Menschen aus unteren sozialen Schichten den Kindern englische Namen gaben. „Kevin“ war dabei einer der beliebtesten und sagt somit angeblich auch etwas über den Bildungsstand des Namensträgers aus.

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(Bildquelle: www.echtlustig.com, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

Es soll sogar eine Masterarbeit an der Universität Oldenburg geben, die belegt, dass bestimmte Namen Klischees und Vorurteile auslösen. Dies für sich genommen wäre ja noch nachvollziehbar. Man denke beispielsweise daran, dass bei gewissen Schweizer Autoversicherungen Menschen mit einem „–ic“ im Nachnamen (Hinweis auf Herkunft aus dem Balkan) höhere Prämien bezahlen müssen. Und auch bei der Stellensuche sind Bewerber namens Müller oder Meier oft erfolgreicher als Krasniqi oder Stevic. Doch im zweiten Teil der Arbeit kommt folgende Feststellung: Der Name Kevin führe bei Lehrern dazu, dass man annehme, dass ein solcher Schüler verhaltensauffälliger und leistungsschwächer sei als andere.

Eigentlich sind diese Erklärungen natürlich totaler Humbug. Doch wahrscheinlich war der Mix aus verschiedenen Gründen dafür verantwortlich, dass sich die völlig willkürliche Annahme durchsetzte, dass ein Kind namens „Kevin“ später wahrscheinlich kein Uniprofessor werden würde.

Das Wort „Alpha-Kevin“ bedeutet nun laut seinen Schöpfern der „Ober-Kevin“, daher der Anführer der Verhaltensauffälligen oder eben im Wortlaut der Kreateure: „Der Dümmste von allen“. Auf „Jugendwort.de“ hat man sich Gedanken gemacht, weil sich offenbar viele Menschen namens Kevin diskriminiert fühlten. Sie meldeten sich und beschwerten sich „Es lag uns fern, konkrete Personen zu diskriminieren“, schreiben die Veranstalter des Votings.

Was ist das Ziel des Jugendwortes? Soll es einfach ein witziges Wort sein? Falls ja, dann hat Langenscheidt völlig zu Unrecht zensiert. Aber falls man beim Jugendwort die Kreativität der jugendlichen Sprecher zeigen will – woher sie ihre Einflüsse haben und was sie beschäftigt – so muss man zum Schluss kommen, dass es richtig war, das Wort zu streichen.

Es gibt immer bessere Wege, um kreativ zu sein, als andere zu beleidigen.

Wenn man allerdings nun in die Auswahlshow von Langenscheidt blickt, so verliert die Abstimmung ordentlich viel Biss. Nachgerückt ist das Wort „Swaggetarier“ (ein Mensch, der aus Imagegründen vegetarisch lebt, oder

das Wort „krimmen“ (Jemandem etwas stehlen, Anspielung auf die Krimkrise). Dann gibt es noch den Ausdruck „rumoxidieren“ (chillen), Eierfeile (Velo), Maulpesto (Mundgeruch), Bologna-Flüchtling (Studienabbrecher) oder Earthporn (schöne Landschaft). An oberster Stelle des Podests steht derzeit das Wort „merkeln“, das in etwas so viel bedeutet wie, nichts tun, keine Entscheidungen treffen.

Ob das wirklich ein Wort ist, das den Sieg verdient hat und von den Jugendlichen tatsächlich benutzt wird? Interessieren sich die Teenager derart für Politik, dass sie dieses Wort origineller und lustiger als „Alpha-Kevin“ empfinden?

Wir werden sehen. Die Kevins dieser Welt können sich nun entspannen, der „Alpha-Kevin“ ist von der Wahl ausgesperrt und wird keinen Einlass in den Duden bekommen.

von Hermann-Luc Hardmeier.