Hüftschwung mit den Ska-Legenden

Die Ska-Legenden „The Skatalites“ sorgten am Freitag in der Kammgarn für Tanzstimmung und eine Überraschung. Ein Konzertbericht von Hermann-Luc Hardmeier.

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Bild: Die Skatalites rockten Schaffhausen. (Foto: Phillip Schmanau, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

Was haben Dinosaurier, Festnetztelefone und Birkenstocksandahlen gemeinsam? Richtig! Sie sind ausgestorben oder man wünschte sich zumindest, dass sie ausgestorben wären. Ganz im Gegenteil zu den Skatalites, die seit über 50 Jahren die Welt mit Musik bereichern und keine Anzeichen dafür sprechen, dass sich dies demnächst ändern wird. Am Freitagabend betrat die Formation aus Jamaika die Bühne und für eingefleischte Ska-Fans war dies alleine schon eine kleine Sensation. Denn die Skatalites gelten als Erfinder der Ska-Musik und werden je nach Quelle auch als deren Namensgeber genannt. Das Warm-Up für die karibischen Urgesteine machte die Thurgauer Band „Jar“. Die fünf Musiker sorgten mit warmen Klängen für eine rasche Gletscherschmelze auf der Tanzfläche. Wie aus dem nichts war der eben noch fast leere Raum gefüllt und viele nutzten die Gelegenheit, das Tanzbein zu schwingen. Die fünf Musiker starteten mit gemütlichem Rocksteady und zogen danach das Tempo an.

Bunte Gästeschar

Nicht weniger farbenfroh als die Musik waren auch die knapp 300 Gäste des Abends. In den vordersten Reihen sah man viele junge Reggaefans mit Dreadlocks, aber auch Pärchen mittleren Alters mit T-Shirts in den Jamaikafarben. Schaffhausen hatte früher eine sehr lebendige Ska-Band-Szene. Scaramanga, Plenty Enuff und viele weitere bereicherten die Ohren der Munotstadt. Kaum verwunderlich, dass auch einige der ehemaligen Musiker den Abend vor Ort genossen. „Es ist genial, fast schon eine kleine Zeitreise“, sagte ein ehemaliges Mitglied der Formation Pete Bamboo.

Prosit mit den Gästen

Ganz in blauem Licht mit weissen Schneeflocken durchsetzt näherte sich auf der Bühne der Auftritt von Jar dem Höhepunkt. Der äusserst gut gelaunte Sänger prostete kollektiv mit den Besuchern an und verkündete: „Wir sind heute hierhergekommen, um Musik und Liebe zu feiern.“ Die Combo hat über 10 Jahre Bühnenerfahrung und stand bereits mit Grössen wie The Aggrolites, Keith & Tex oder The Upsessions zusammen auf den Brettern. Nach der Aufforderung „Kammgarn, schwingt eure Hüften“, legte der Bandleader gleich selber ein Tänzchen aufs Parket.

Posieren mit der 007-Pistole

10, 9, 8, 7, 6 … Die Skatalites zählten kollektiv mit den Gästen den Countdown zum Konzertbeginn. Bei null riefen alle im Chor „Freedom“ und das Feuerwerk wurde gezündet. Es gab kein Halten mehr, alle setzten ihre Tanzschuhe in Bewegung. Es sah so aus, als wäre ein Ameisenhaufen unter Starkstrom gesetzt. Es brach allerdings keine Hektik, sondern eher eine gemütliche Euphorie aus. Schon beim 2. Song erklang einer der Klassiker der Band. Die Ska-Version der 007-Titelmelodie. Viele im Publikum posierten demonstrativ mit einer aus Daumen und Zeigefinger geformten James-Bond-Pistole und schossen geräuschvoll in die Luft.

Gründungsmitglied taucht auf

Sehr zentral für die Skatalites ist die dreiköpfige Bläserfraktion. The Skatalites ist in erster Linie eine instrumentale Band, welche nicht nur packende Melodien spielt, sondern auch viel Platz für Solos der einzelnen Künstler lässt. Die Musik hatte zwischendurch sogar etwas Hypnotisches. Die Gäste konnten sich in Trance tanzen und gedanklich an die schönen Strände von Jamaika schweben. Die Sonne schien dabei nicht auf die Haut, sondern in die Herzen der Zuhörer. Nachdem Hits wie „Rock Fort Rock“ oder „Latin goes Ska“ erklungen waren, gab es sodann eine schöne Überraschung. Sängerin und Gründungsmitglied Doreen Schaffer betrat die Bühne. „Schaffhausen, how are you doing? It’s a pleasure tob e here“, freute sich die Jamaikanerin. Mit ihrer Leidenschaft am Mikrophon machte sie schnell klar: The Skatalites sind noch lange nicht müde. Es wurde ausgelassen gefeiert und der Abend schliesslich mit einer Afterparty mit DJ Doublechin und den Bababoom Allstar DJs passend abgerundet.

Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am 22. Oktober 2018.

Schweizermeisterschaft im Supermoto: Auf der Zielgeraden schenken sich die Fahrer nichts

Beim 10-Jahr-Jubiläum des Supermoto in Ramsen gab es spannende
Wettkämpfe und eine spektakuläre Neuerung. Ein Sportbericht von Hermann-Luc Hardmeier.

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Foto: Heisse Kopf-an-Kopf-Rennen prägten das Supermoto 2018. (Bild: Phillip Schmanau, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

RAMSEN. Lautes Brummen der Motoren, aufwirbelnder Staub und der Geruch von Benzin und Motorenöl in der Luft: Einmal im Jahr herrscht in Ramsen Ausnahmezustand auf dem Supermoto-Gelände.Zwei Tage lang duellierten sich die Fahrer in allen Kategorien. Beim
Kidz-Race war die jüngste Fahrerin fünf Jahre alt und kurvte in herziger Gemütlichkeit
und bereits mit viel Geschick über das hügelige Gelände. Am Sonntagnachmittag fand die Schweizer Meisterschaft in allen Kategorien statt. Hier zeigten die erfahrensten Piloten ihr Können. «Wir haben uns für das Jubiläum etwas Spezielles ausgedacht», sagte
OK-Präsident Marcel Rymann erfreut. Am Freitag- und Samstagabend fand nämlich ein sogenanntes Drag-Race statt. Dies ist ein Rennen auf einer geraden Strecke von 65 Metern. Dabei treten bei Einbruch der Dunkelheit mit Fackeln im Ziel jeweils zwei Fahrer gegeneinander an. Es herrscht das K.-o.- System. Das heisst: Nur der Gewinner
kommt weiter. Am Freitagabend durften private Besucher mit ihren Maschinen
antreten. Knapp 40 Personen nutzten die Gelegenheit.

Am Samstagabend wollten dann die Profis unter sich den Sieger ausmachen.
Die Besucher feuerten ihre Favoriten an. Im Anschluss legte ein DJ im vollen
Festzelt Partyhits auf. «Das Supermoto ist schon lange nicht mehr nur ein Rennen
», erklärte Rymann. «Der Event hat Züge eines Volksfestes angenommen,
was uns natürlich freut.» Auf der Strecke gab es packende Zweikämpfe, Drift-Einlagen
und waghalsige Shows der Piloten zu sehen. Die gesamte Etappe war kurvenreich
und anspruchsvoll. 20 Prozent des Geländes bestand aus Schotterabschnitten.
Für Unterhaltung sorgte auch die Barriere, welche das Festzelt und den Rest
des Geländes trennte. Während der Rennfahrten war es nicht gestattet, die Strecke
zu überqueren. Wer also eine Bratwurst oder einen leckeren Hamburger wollte,
musste sorgfältig den Rennplan studieren, um pünktlich vor Ort zu sein.
Der Anlass war dank den 150 Helfern und der guten Organisation ein voller
Erfolg. «Am Event selbst sieht das immer so einfach aus», erklärte Marcel
Rymann. «Es gibt viele Herausforderungen wie die Absprache mit den Landbesitzern
und den Anwohnern, die vielen Sicherheitsauflagen, die wir erfüllen müssen und wollen, und, und, und.»

Knapp 6000 Besucher wollten die Rennmaschinen und die Schweizer
Meisterschaft am Sonntag sehen. Seit dem Bestehen des Supermoto gab es
glücklicherweise nie ernsthafte Verletzungen, was sich auch dieses Jahr nicht
änderte. Schweizer Meister in der Prestigeklasse wurde Philippe Dupasquier,
gefolgt von Jannik Hintz auf dem zweiten Rang und Patrick Tellenbach mit der
Bronzemedaille.

Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am 1. Oktober 2018.

Veröffentlicht unter Sport

Dem Zorn eine Stimme gegeben

Die Band Knöppel trat am Freitag laut fluchend vor vollen Rängen in der Kammgarn Schaffhausen auf. Ein Konzertbericht von Hermann-Luc Hardmeier.

Jack Stoiker sieht zwar harmlos aus, doch seine Wortwahl haut den Zuhörer vom Hocker. Wenn seine Band Knöppel aus dem Autoradio beim Vorbeifahren dudelt, dann springen Rentner zur Seite, Zahnärzte schliessen die Fenster ihrer Praxen und Mamis halten ihren Kindern am Strassenrand verzweifelt die Ohren zu. In den Liedern wird derart deftig geflucht, dass Adolph Freiherr Knigge im Grab am liebsten gleich einen Salto gemacht hätte. Beleidigungen, Manipulationen am Unterleib, Fäkalien und unzüchtige Wörtchen aller Arten unterhielten die Kammgarnbesucher am Freitagabend knapp drei Stunden lang. Eigentlich erstaunlich, denn Jack Stoiker alias Daniel Mittag wirkt auf den ersten Blick nicht so, als sässe eine betrunkene Seeräuberbande auf seinen Stimmbändern. Er arbeitet als Wirtschaftsinformatiker, ist Politiker bei Grünen in Fribourg und Familienvater mit Jahrgang 1973. Wie passt dieses „gesittete“ Leben mit diesen vulgären Texten zusammen? Es muss eine Art Ventil sein. Auf der Bühne will er «die Sau rauslassen», wie er selber sagt. Zudem verweist er auf amerikanische Raptexte, bei welchen das F-Wort nonstop fallen würde. Im Vergleich dazu sind Jack Stoikers Texte eigentlich nur Durchschnitt. Den Kammgarnbesuchern gefiel es enorm. Der Duden wurde mit dem Mähdrescher überfahren, der verbale Anstand ausgepeitscht und der Sittenwächter schüttete sich Aromat in die Augen, damit er nicht hinsehen konnte. Aber: Jeder von uns flucht im Alltag. Sei es wegen der Steuerrechnung, dem Tritt in ein Hundehäufchen oder wegen der langsamen Supermarkt-Kassiererin. Knöppel gibt unserem Zorn eine Stimme. Vielleicht ist es genau das, was den Reiz dieser Band ausmacht: Knöppel ist ehrlich. Und das ist gut so.

Von Hermann-Luc Hardmeier, erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am 8. Oktober 2018.