Lollies, Folk und Power-Pop-Punk

Von Hermann-Luc Hardmeier: In Hallau kamen bei schönstem Wetter Hunderte von Besuchern ans Grüschfang-Open-Air. Ein Erlebnisbericht von Hermann-Luc Hardmeier.

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Bild: Friedliches Open-Air. Die Deililahs aus Zug bei ihrem Auftritt am Grüschfang in Hallau.

Unfassbar. Die Kanister über den Besuchern, die als Lichtschlange gedacht waren, explodierten mit einem lauten Knall. Ãœberall Schreie. Die Trümmer schnitten den Gästen die arme blutig und plötzlich brannte die Bühne lichterloh – Dies war der Albtraum eines Mitglieds des OK vom Open-Air Grüschfang, einige Tage vor der Veranstaltung. Es kam zum Glück ganz anders. Völlig anders. „Das ist das friedlichste Open-Air, das ich kenne“, sagte ein Besucher. Er lag gemütlich in der Wiese vor der Bühne. In der einen Hand ein Bier, in der anderen eine Bratwurst. Soeben hatte die erste Band das Open-Air eröffnet: „Malik“ aus Schaffhausen. Während die gemütlichen Klänge erklangen, kamen die Gäste mit Autos, Velos und zu Fuss an und sassen vor die Bühne.

„Heute ist alles super“

Die Sonne schien mit voller Kraft und verwandelte den Hallauer Berg in ein phantastisches Open-Air-Gelände. „Heute ist alles super, sogar das Wetter“, freut sich Cedric Gantenbein. Er hat den Anlass zusammen mit Bruno Wälti, Andreas Alder und Matthias Müller organisiert. Mittlerweile ist das Team so eingespielt, dass sie sogar einen halben Tag früher als geplant mit allem fertig waren. Das Grüschfang fand dieses Jahr zum 7. Mal statt. Und ein Ende ist noch nicht in Sicht. „Es macht uns immer noch grossen Spass, deshalb haben wir auch nicht vor, aufzuhören“, sagt Cedric Gantenbein. Als zweite Band spielte „Kids of Adelaide“. Die zwei Musiker aus Stuttgart waren lediglich mit zwei Gitarren, einer Fusstrommel und einer Rassel bewaffnet. Die Musik jedoch war gut und eindrücklich. Sie spielten Folk. Die Stimmen der zwei Sänger waren stark und sie konnten sogar bereits einige Besucher zum Mitklatschen und Mitsingen animieren. Die meisten Gäste jedoch zogen es vor, beim Sonnenschein noch etwas in der Wiese oder auf der mitgebrachten Wolldecke zu relaxen.

Unter den Besuchern war auch Stadtoriginal Heinz Möckli, der wie immer Lollies an die Gäste verteilte. Um 20 Uhr war sodann der Kuschelrock vorbei. Die „Delilahs“ aus Zug enterten die Bühne und spielten mit einer kräftigen Power-Pop-Punk-Kavallerie zum Angriff. Nun war die Tanzfläche voll. Viele Besucher schüttelten ihre Arme und Beine rhythmisch im Takt, der Abend brach langsam ein und mittlerweile hatten sich gegen 600 Besucher auf dem Open-Air-Gelände eingefunden. Am Essensstand gab es neben Bratwurst und Burger ein leckeres asiatisches Gericht aus dem Riesenwok, das grossen Andrang erzeugte.

Pommes und Schwedenfeuer

Danach kochten die Grüschfänger Spätzli und wer immer noch nicht genug hatte, konnte sich noch eine Portion Pommes zum Dessert gönnen. In der Dunkelheit wurden vor der Bar einige grosse Schwedenfeuer-Pfähle angezündet. Auf der Bühne machte sich „Dabu Fantastic“ für den Auftritt bereit. Er hatte ein witziges Bühnenbild mit Hunden aus Karton dabei. Auf dem Fressnapf des einen Vierbeiners stand die Aufschrift „Putin“, auf dessen Politik der Sänger mehrmals genüsslich Bezug nahm. Neben Musikern war auch ein DJ auf der Bühne, der mit Scratches und Soundeffekten die Songs aufmischte. Die Kanister über den Besuchern waren mit LED-Lämpchen versetzt und leuchteten stillvoll über den tanzenden Gästen. Keine Spur von Feuer und Explosionen ;-) Trotz kurzem Sommergewitter kurz vor elf ging das Fest ungehindert weiter. Es folgte die Zürcher Band „Baba Shrimps“ mit Indiepop und das feurige Finale wurde von der Electro-Punk-Formation „Egotronic“ gemacht. Das Grüschfang-Open-Air war einmal mehr eine gelungene Veranstaltung und hat die Besucher begeistert.

Konzertbericht von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am Montag, 8. Juni 2015.

Eine Chance, die türkische Kultur zu entdecken

Von Hermann-Luc Hardmeier: Auf dem Dreispitz-Areal in Herblingen fand am Wochenende das türkische Kulturfest „Fest-i-Festival 1“ statt.

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Bild: Die Grossen relaxen, die Kleinen spielen. Die Organisatoren des Festivals Bekir Akca, Özbey Inan und Turgay Boztepe (von links nach rechts, Foto: Hermann-Luc Hardmeier, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier).

Schon am Eingang des Festgeländes empfing die Besucher eine grosse Türkei-Flagge, symbolträchtig im Wind wehend neben einer Schweizer Flagge. Mittendrin stand Bekir Akca, der Organisator des „Fest-i-Festival 1“ in Herblingen. „Dieser Anlass ist eine Chance“, freute er sich und hatte am Samstagnachmittag endlich einmal Zeit, durchzuschnaufen und einen türkischen Tee zu trinken. Neun Monate lang hatte der türkisch-islamische Kulturverein Neuhausen den Anlass geplant und organisiert. Seit drei Monaten lief die heisse Phase und für den Aufbau war Bekir Akca am Samstag schon ab 7 Uhr auf dem Areal. Doch nun konnte sich das Erreichte wirklich sehen lassen. Der Aufwand hat sich gelohnt.

Ein grosser Bazar mit 25 Ausstellern präsentierte sich neben einer 27 Meter langen Küche mit kulinarischen Spezialitäten aus der Türkei. Ein türkischer Reiseunternehmer, eine Fahrschule, ein Kaligraph ein türkischer Teegarten mit Shisha-Lounge und, und, und. Auch für die Kinder war einiges eingerichtet worden. Eine Hüpfburg, Sandbilder malen, sich schminken lassen und weitere Dinge erfreuten die Kleinen.

Rund 2000 Besucher

„Der Anlass soll die Vielfältigkeit der türkischen Kultur zeigen und eine Begegnungszone für die Menschen aus Schaffhausen sein“, erklärte Bekir Akca. Insofern ist der Anlass eine Chance, eine neue Kultur kennenzulernen. „Wir wollen auch Vorurteile abbauen“, so der Organisator. Er weist darauf hin, dass seiner Meinung nach der Islam in den Medien derzeit sehr negativ dargestellt werde und er sich darüber sehr ärgere. Deshalb freute er sich nicht nur über die türkischen Gäste, sondern auch über die Schweizer, welche die Möglichkeit des kulturellen Austausches nutzten. Insgesamt besuchten den Anlass knapp 2000 Gäste. Unter ihnen der Schaffhauser Stadtpräsident Peter Neukomm.

Während der Samstagnachmittag etwas verhalten startete, lockte das Abendprogramm viele Besucher an. Das Fussballspiel Barcelona-Juve wurde auf Grossleinwand übertragen, es gab einen Vortrag des Psychologen Dr. Ibrahim Gürses von der Uludag Universität über Kommunikation und Kindererziehung. Eine türkische Tanzgruppe trat auf und man konnte das einmalige Ambiente geniessen. Am Sonntag gab es sodann ein Fussballtunier mit 18 Mannschaften. Kurzum ein Anlass für Jung und Alt. Bekir Akca und der Koordinator Turgay Boztepe waren sehr zufrieden: „Wir wünschen uns, dass der Anlass jährlich stattfindet und zu einem festen Termin in der Schaffhauser Agenda wird“, sagte Turgay Botzepe. „Das würde uns glücklich machen.“

Bericht von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am Montag, 8. Juni 2015.

Humorvolles Einfrau-Orchester im Petticoat

Von Hermann-Luc Hardmeier: Fröilein da Capo begeisterte im ausverkauften Trottentheater in Neuhausen die Zuschauer.

Gut 150 Augenpaare waren am Samstagabend auf Irene Brügger gerichtet. Die 35-Jährige trat als Fröilein da Capo im Trottentheater auf. Nicht nur ihr Outfit war aussergewöhnlich, sondern auch ihr Talent. Das Fröilein sah aus wie einem Film der 50er-Jahre entsprungen. Mit grünem Petticoat, roten Schuhen, roter Halskette und roter Schleife im Haar hätte sie locker in einem Film von Elvis Presley auftreten können. Zwischen ihr und dem King of Rock’n’Roll gibt es allerdings einen Unterschied. Er brauchte damals eine Band, Fröilein da Capo ist ein Einfrau-Orchester und ersetzt mehrere Musiker.

Zur Hilfe dabei hatte sie ein Loop-Gerät. Mit diesem kann sie Geräusche und Instrumente aufnehmen und in der Endlosschlaufe parallel zum Gesang laufen lassen. So konnte sie vor jedem Lied zuerst Trompete, Keyboard, Euphonium und Geräusche aufnehmen, danach spielte die „Band“ und sie konnte dazu singen. Es wirkte, als seien fünf Musiker auf der Bühne, doch eigentlich kam alles aus der Kehle und den Handgelenken von einer einzigen Powerfrau.

Den Alltag kritisch beobachten

Die Willisauerin wirkte von 2010 bis 2012 in der Satiresendung Giacobbo/Müller mit. Das Publikum war sodann gespannt, ob das Engagement auf sie abgefärbt hat und es ein Abend mit viel Politik werden sollte. Doch weit gefehlt. Frölein da Capo ist eine kritische Beobachterin des Alltags. Ob Rentner, Kinder, Partnersuche oder Männer – alles nimmt sie aufs Korn und scherzt darüber mit Hochgenuss. Die Männer werden dabei besonders intensiv durch die Mangel gedreht. Auch vor ihrem Ehemann macht sie dabei keinen Halt. So erfuhr man etwa, dass sie ihm seine „grusigen“ Adidas-Trainerhosen verbrannt hat, mit dem Nudelholz auf ihn wartet, wenn er zu spät nach Hause kommt, und er als subtile Kritik, wenn sie ihre Anti-Männer-Songs übt, jeweils bügeln geht. Das alles erzählte sie natürlich mit einem Augenzwinkern.

Fröilein da Capo musizierte sehr abwechslungsreich. Es wurde gejodelt, gesungen, geschnippt und zwischen Jazz, Blues, Volksmusik, Schlager und Tango fast jede musikalische Richtung in Beschlag genommen. Die Lieder waren selbstgeschrieben, teilweise coverte sie aber auch bekannte Stücke. So etwa „Fever“ von Elvis Presley oder „Campari Soda“, das sie liebevoll auf die Schweizer Verhältnisse umwandelte und „Kaffi Träsch“ nannte. Die Musikerin sang über Gemeindeversammlungen mit unerwarteten Herzinfarkten, wehleidige Männer und die Shopping-Tricks von Frauen. Die Grenzen der Genres waren dabei durchlässig. Ob Blasmusik-Drama, erotischer Tango oder Liebesballade – für jeden Zuhörer war etwas dabei. Und natürlich kam der Humor dabei nicht zu kurz und ging mit den musikalischen Qualitäten der Dame sehr gut einher.

Fröilein da Capo hat eine grosse Ausstrahlung, eine fantastische Stimme und es war immer wieder faszinierend, wie sie mit dem Loop-Gerät eine ganze Band auf die Bühne zauberte. Sympathisch war auch, dass die Künstlerin nicht völlig abgeklärt war und manchmal selber über ihre Spässe schmunzeln musste. „Da Capo“ heisst sinngemäss „Wiederholung von Beginn an“. Genau das wünschten sich die Besucher am Schluss dieses grossartigen Abends.

Bericht von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am Montag, 1.Juni 2015.