Wutanfälle können auch lustig sein. Das zeigte Comedian Simon Enzler am Donnerstag dem Publikum im Schaffhauser Stadttheater ausgiebig.
Bild: Simon Enzler redete sich genussvoll in Rage. (Foto: Melanie Duchene, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)
Urchig, knorzig, fluchend. Simon Enzler ist kein feingeschliffener Poet, kein verbaler Edelstein und kein Picasso der Rhetorik. Nein. Er spricht so, wie ihm der Schnabel gewachsen ist und liebt es innig, dabei wie eine rostige Dampflokomotive zu fluchen. Am Donnerstagabend besuchte der Appenzeller mit seinem Programm «wahrhalsig» das Stadttheater und sorgte für volle Ränge. Ein Campingstuhl und eine Lampe im Karton an einer Schnur bildeten das Bühnenbild. Spartanisch und praktisch. Der Humor des Comedian funktioniert ebenso auf eine ganz einfache Art. Er erzählt von Erlebnissen und Beobachtungen aus dem Alltag, die ihr mit Appenzeller Ausdrücken schmückt und dabei dem Teufel ein Ohr ab fluchte. «Himmelherrgott – Sakrament», war dabei noch eins der harmlosen. Er schimpfte über die kantonalen Angestellten, welche in Ruhe Däumchen drehen. Er ereiferte sich über Campingplätze in Kroatien, auf welchen er auch Thurgauer antrifft. Und ganz besonders regten ihn die mutigen und risikofreudigen Menschen auf. Er zitierte den Biologen Charles Darwin und meinte: «Survival of the Fittest» sei obsolet. Den Angsthasen gehöre die Welt. «Survival of the Hoselotteri» laute das Motto der Evolution. Freihändig übersetzte er das ins Französische «Caceur de Pantalon». Abenteuersport wie Bungee-Jumping oder Wingsuit-Fliegern konnte er ebenfalls keine Freude abgewinnen. «Das sind doch einfach Nachthemden mit Redbull-Logo drauf», wetterte er. Er lobte die Angsthasengesellschaft über alles. «Wir haben ihnen viel zu verdanken.» Er überlegte etwas länger. «Beispielsweise das Verbandsbeschwerderecht oder Thermounterhosen.» Besonders grosse Freude hatte er nach der Pause, als er über die Bühne mit einem Bier in der Hand schlurfte. «Schaffhausen ist wohl der einzige Ort in der Welt, an welchem man für’s Biertrinken Applaus erhält.» Doch seine Miene verdunkelte sich sogleich wieder. Er erzählte vom Jasskartenspiel, bei welchem sich die Gegner die Schiefertafel über dem Kopf zertrümmerten. Er kommentiert das mit dem Ausdruck: «Bisch en sture Saubock!» Danach gab er eine kulinarische Empfehlung ab. Das Fondue schmeckt bekanntlich am besten, wenn man es «Moitié-Moitié» zubereitet. Für ihn bedeute das, die Hälfte Käse und die andere Hälfte Aromat. In cholerische Rage redete er sich danach, als er über die Smileys und andere Gesichter bei Smartphone-Kommunikation sprach. «Ich hasse Emojis», sagte er grimmig. Er empfinde es als unnötig. «Dem Appenzeller reichen drei Emojis: Bier. Ein Stück Fleisch und ein Zaun, über welchen mach sich zum Nachbar beugen und schimpfen kann.» Zum Schluss erklärte er, wie er sich ein gelungenes Ende von einem erfüllten Leben vorstellt: «Wenn neben der Todesanzeige gleichzeitig die Konkursanzeige steht, dann hat man richtig gelebt.»
Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung «Schaffhauser Nachrichten» am 19. September 2020.