Zweistündiges Powerkonzert mit den Ska-Legenden

Von Hermann-Luc Hardmeier: Am Samstagabend traten „the Skatalites“, die Altmeister des Ska, im Club „Kammgarn“ in Schaffhausen auf. Ein Konzertbericht von Hermann-Luc Hardmeier.

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Bild: The Skatalites in der Kammgarn gaben Vollgas. (Foto: Hermann-Luc Hardmeier, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

So einen Konzertanfang wünscht sich jede Band. The Skatalites aus Jamaika betraten am Samstagabend die Bühne und zählten von zehn an rückwärts, bevor das Konzert startete. Bereits mit den ersten Klängen begannen die Gäste zu tanzen und die Stimmung war bombastisch. Gute Laune auf Knopfdruck, das hat nicht nur mit der hohen Qualität der Musik zu tun, sondern auch mit dem Zauber, der die Skatalites umgibt. 1962 wurde Jamaika unabhängig und bereits ein Jahr später gründete sich die Musikformation. Der Countdown zum Konzertbeginn war passend, weil die Combo ursprünglich „The Satellites“ hiess. Dieser Name geht auf die Beförderung eines russischen Satelliten ins All zurück, welche grosse Faszination erweckt hatte. Bei seiner Rückkehr verglühte der Sputnik in der Erdatmosphäre, ganz anders als die Skatalites. Sie strahlen – mit Unterbrechungen – seit knapp 50 Jahren und ein Ende ist nicht in Sicht. Die Band spielt nicht einfach Ska, sondern sie gelten als die Miterfinder dieser Musikrichtung. Talenten wie Desmond Dekker oder Lee Perry verhalf die Gruppe zum Durchbruch und aus dem Ska entwickelte sich später der Reggae. Ganz unbescheiden kann man feststellen: Ohne die Skatalites wäre die jamaikanische Musikkultur wesentlich anders.

Gut trotz fehlender Sängerin

Die Besucher in der Kammgarn tanzten begeistert zu den Hits der Gruppe, unter welchen sich beispielsweise auch ein James-Bond-Song in einer Ska-Version befand. Von den Gründungsmitgliedern leben noch zwei, die normalerweise auch mit der Band auftreten. Doch am Samstagabend war weder Sängerin Doreen Schaffer noch Alt-Saxophonist Lester „Ska“ Sterling dabei. Es spielte eine jüngere Truppe, wobei man lediglich dem Keyboarder, dem Drummer und dem Bassisten ansah, dass sie schon länger der Formation angehören. Musikalisch merkte man jedoch – abgesehen vom fehlenden Gesang von Doreen Schaffer – kaum einen Unterschied. Die Songs waren grossartig gespielt und man hatte das Gefühl, die ganze Kammgarn sei in Bewegung. Über 300 zahlende Gäste waren gekommen. „It’s a pleasure to be here and bring Ska to beautiful people“, freute sich der Gitarrist. Ansonsten wurde nicht viel gesprochen. Taten sagen offenbar mehr als Worte. Die Lieder waren instrumental, bis auf wenige Ausnahmen. „A Message to you Rudy“ oder das Bob-Marley-Cover „Three little Birds“ waren gesungen. Letztgenanntes übrigens vom Schlagzeuger persönlich, der interessanterweise während dem ganzen Konzert eine Sonnenbrille trug. Die sieben Musiker verschwanden vor der Zugabe im Backstage. Das Publikum klatschte ausgelassen. Ein Gast kletterte sogar auf die Bühne und feuerte durch das Mikrophon die Menge an, bis die Musiker für die zweite Runde zurückkehrten. Zwei Stunden Tanzfieber und heisse Rhythmen, der Auftritt war wirklich grossartig. Nach dem musikalischen Hauptgang ging das Fest weiter. Ein DJ legte zum Dessert Ska, Reggae und Rocksteady für die Tanzenden auf.

Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen am 21.12.2015 in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten.“

Rapkünstler auf dem Vita Parcours

Mit ihrem Hit „Butterfly“ rockte die Band „Crazytown“ die Charts. In der „Kammgarn“ in Schaffhausen enttäuschten sie ein wenig. Ein Konzertbericht von Hermann-Luc Hardmeier.

Sie waren im Jahr 2001 die absoluten Ãœberflieger. Die Band „Crazytown“ mit ihrem Hit Butterfly. Der Song schaffte es in 15 Ländern auf Platz 1 in den Charts und auch in der Schweiz wurde er zum Sommerhit. Kein Wunder rieben sich einige Bewohner der Munotstadt verwundert die Augen, als sie folgendes hörten: Crazytown kommt nach Schaffhausen. Nun gut: Der musikalische Raketenstart ist mittlerweile 14 Jahre her. Aber die Kammgarn könnte bei einer Band mit einer solchen Vorgeschichte trotzdem brodeln. Die Besucher waren am Montagabend voller Vorfreude auf den Event. Zunächst spielte die Schaffhauser Combo „Shitface“ für die Gäste. Die fünf Musiker wurden von einem DJ unterstützt und zogen gleich zu Beginn alle Register. Der Drummer kesselte Vollgas auf seinen Töpfen, Gitarrist und Bassist brachten die Saiten zum Glühen und die zwei MCs waren in Höchtstform. Es war ein Auftritt, der unberechenbar schien. Manchmal endeten die Songs abrupt, dann hörte man wieder ein feinstes Crossover-Punk-Inferno. Den Gästen gefiel der Auftritt aber ausserordentlich und es gab viel Applaus. Das Publikum war danach gebührend auf die Chartstürmer „Crazytown“ eingestimmt. Als das Konzert losging, gab es zunächst jedoch eine Enttäuschung. Die zwei Frontmänner und MCs hatten keine Band, sondern lediglich einen DJ dabei. Ein bisschen mehr hätten die Besucher schon erwartet. Da anstatt einem Livekonzert Musik aus der Konserve kam, brauchte die Stimmung natürlich etwas länger, bis sie auftaute. Die zwei Crazytown-MCs gaben jedoch ihr Bestes und konnten rasch die Herzen der Zuhörer gewinnen. „Wir beissen nicht“, sagten sie zu schon zu Beginn des Auftritts und wollten damit die Besucher ganz nah an den Bühnenrand locken. Während der Show zeigte sich, dass die Formation mehr als nur ein One-Hit-Wonder ist. Die Musiker aus Los Angeles boten ein breites Musikspektrum mit einem einmaligen Mix: Raptexte, verzerrte Gitarren, Rock- und HipHop-Elemente sowie eingängige Melodien vermischten sich. Auf der Bühne waren zudem drei Podeste aufgestellt, auf welchen die MCs zu singen pflegten. Während der Songs erklommen sie die Metallhindernisse, als wären es Ãœbungsgeräte auf einem Vita Parcours. Die Stimmung stieg und der Saal feierte ausgelassen. Der Siedepunkt war erreicht, als der Hit „Butterfly“ erklang. Alle tanzten, sangen, hüpften und zückten das Handy. Alleine schon wegen diesem Lied hat sich der Besuch hundertfach gelohnt. Nach dem Auftritt nahmen sich die Musiker ausgiebig Zeit, um mit den Fans für Fotos zu posieren, Autogramme zu geben und ein Schwätzchen zu halten. Für einen Montagabend hatten die Jungs ganz schön auf die Pauke gehauen. Und wer weiss, vielleicht kehren sie ja sogar eines Tages mit Band nach Schaffhausen zurück und holen aus ihrer guten Show noch das Maximum heraus. Man darf gespannt sein.

Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am 17.Dezember 2015.

Die Reggae-Piraten tauften ihre CD

Von Hermann-Luc Hardmeier. In der Schaffhauser Bar „Tabaco“ feierte die Band „Jah Pirates“ ihr erstes Album. Ein Konzertbericht von Hermann-Luc Hardmeier.

Wenn Bob Marley aufs Piratenschiff steigt, dann ist es Zeit für die „Jah Pirates“. Die junge Schaffhauser Reggaeband spielte am Sonntagabend zusammen mit Benjamin Heart und sorgte für ein volles Lokal. Egal ob verkatert oder putzmunter, sehr viele Gäste waren nicht nur am Zuhören, sondern schwangen sogar ihre Tanzbeine. Den ruhigen Anfang machte der Zürcher Benjamin Heart. Er sang über Liebe, aber auch über gesellschaftliche Probleme. Er war nachdenklich, jedoch auch sinnlich. Und nicht zuletzt hatte er eine hervorragende Stimme. Nach diesem gemütlichen Auftakt kam plötzlich Leben ins Tabaco. Hinter ihnen die Piratenflagge und jene des Rastafari-Kultes an der Wand aufgehängt, enterten die Reggae-Piraten das Ausgangslokal. Im Gepäck hatten sie ihre frische Platte „One Try“, die sie gleich vor Ort tauften. Im Sektkühler wurde sie mit Bier übergossen und gesegnet. Dann startete die Band ihren musikalischen Beutezug. Mit warmen Klängen erzeugten die sechs Reggaefans eine optimale Stimmung. Schon beim zweiten Song begannen die Zuschauer zu tanzen und mitzuwippen. Die Musik war so packend, dass man gar nicht anders konnte, als seine Füsse in Bewegung zu versetzen. Die Besucher waren gut gelaunt, es wurde laut applaudiert und gejubelt. Zwischendurch klingelte der Barkeeper euphorisch mit der Trinkgeldglocke, als die Band so richtig in Fahrt kam. Sänger und Keyboarder Pascal Küng verstand es, die Gäste zu animieren. Sie sangen an passenden Stellen mit, klatschten im Takt und hatten grosse Freude am Auftritt. Inhaltlich ging es bei den Liedern nicht nur um die pure Lebensfreude, sondern auch um ernste Themen wie Vorurteile, welche wir Menschen haben, oder um die westliche Konsumgesellschaft. In der Rastafari-Religion steht für diese Dekadenz sinnbildlich der Begriff „Babylon“. Es war sodann klar, was gemeint war, als die Band zusammen mit dem halben Tabaco „Babylon Burning“ gesungen hatte. Lieder wie „Bad Man“, „Call the Police“ oder „In the Streets“ waren Highlights des Abends. Als die Band sich selber vorstellte, gab es sogar eine kleine Ska-Einlage zu hören. Diese kurze Episode erinnerte einige Besucher etwas an das Konzert der Schaffhauser Skapunk-Band „Slobbers“. Sie spielten exakt vor sechs Jahren am Samichlaus-Abend im Tabaco. Auch damals war die Stimmung ausgelassen. Die Piraten genossen ihren Auftritt sichtlich und spielten mehrere Zugaben. „Wir lieben euch“, sagte Pascal Küng am Ende des Konzertes den Zuschauern. „Es war super, mit euch Party zu machen.“ Der Anlass war ohne Frage eine weitere gelungene Episode der Konzertreihe im Tabaco. „Ich wusste zuerst nicht, ob ich kommen soll. Aber ich hätte es bereut, wenn ich heute zuhause geblieben wäre“, fasste eine Besucherin Aline Müller passend den Abend zusammen.

Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am 1. Dezember 2015.