Die finnische Band Lordi brachte dampfende Heavy Metal – Musik und ein Hauch Horrorshow am Freitagabend in die Kammgarn. Ein Konzertbericht von Hermann-Luc Hardmeier.
Bild: Die Zombies und Monsters von Lordi heitzten ein. (Foto: Michael Kessler, Bericht Hermann-Luc Hardmeier)
Was für eine Ehre! Die finnische Band Lordi besuchte am Freitagabend die Kammgarn. Jene Band, die 2006 den Eurovision Song Contest gewonnen hatte und seither auf den grossen Bühnen Europas und der Welt haltmachte. Schaffhausen ist zwar eine Schuhnummer kleiner, aber dafür feierten das Publikum die Finnen, wie wenn der FCS an jenem Abend Schweizermeister geworden wäre. Optisch gesehen war das Konzert aber alles andere als eine schwarz-gelb feiernde Fankurve. Im Gegenteil, es sah grässlich und geradezu angsteinflössend aus. Unter lauten Jubelrufen und Applaus betrat eine Horde von Zombies und Monster am Freitagabend die Bühne an der Baumgartenstrasse. Die Gesichter war so gruselig geschminkt und entstellt, dass Horrorbuchautor Stephen King vor Freude sicherlich Luftsprünge gemacht hätte. Die Finnen mögen in den Klischees von manchen als scheue Einzelgänger gelten, die den ganzen Tag in der Sauna sitzen und dabei Bier trinken. Doch weit gefehlt. Ausser vielleicht die Geschichte mit dem Bier; denn der Gerstensaft sprudelte am Freitagabend intensiv in der Kammgarn. Die finnische Band hatte für ihre Emotionen keinen Kühlschrank, sondern eine mit Starkstrom aufgeladene Dampfwalze dabei. Die Wucht, Power und Energie ihrer Hardrocklänge fegten auch den letzten Tanzmuffel aus den Socken. Ihr musikalischer Mix bewegte sich zwischen dem Schwermetall von Bands wie Kiss, Alice Cooper oder W.A.S.P. der 80er-Jahre, aber auch elektronische Klänge gehörten zum Repertoire. Der spezielle Lordi-Dampfhammer schmetterte 2006 die Konkurrenz in Grund und Boden. Mit dem Song «Hard Rock Hallelujah» gewann die Band den Eurovision Song Contest für ihr Heimatland Finnland. Der Sieg war rückblickend nicht nur für die Musiker, sondern auch für die finnische Musikszene ein Katalysator. Am Freitagabend riss die Band sodann die Gäste mit der Abrissbirne ins Wochenende. Songs wie «It snows in Hell» oder «Demon Supreme» sorgten für mächtig Stimmung. Bei «Abracadaver» griff der Sänger sogar zu einer riesigen Kreissäge und bedrohte damit scherzhaft die Gäste. Bei «Down with the devil» schwenkte er einen dampfenden Totenkopf mit rot leuchtenden Augen durch die Luft. Ganz grotesk wurde es, als die Keyboarderin sich als Nonne verkleidete und ihr das Herz aus der Brust gerissen wurde. Die Gäste waren vorwiegend in schwarz gekleidet und hätten sich die düstere Tracht zwischendurch am liebsten vom Leibe gerissen, sich gegenseitig die Haare zerzaust, Tabasco gleich literweise getrunken und abgetanzt, bis die Tanzschuhe glühten. Ja, der Sound von Lordi war laut und heftig. Und ja: Ohne Oropax war man verloren. Aber trotzdem feierte die Munotstadt mit den Finnen ein wildes Fest, das keine Berührungsängste kannte. Als Zombies werden Menschen bezeichnet, die scheinbar verstorben sind und plötzlich wieder zum Leben erweckt werden. Verstorben war im Vorfeld glücklicherweise niemand, aber die Seelen und Herzen der Besucher wurden definitiv und intensiv von Lordi mit Leben geflutet.
Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am 14.11.2022.