Von Hermann-Luc Hardmeier: Der Elektronikhändler PCP.CH ist eine Schaffhauser Erfolgsgeschichte mit 160 Millionen Umsatz pro Jahr. Ein Bericht von Hermann-Luc Hardmeier für die Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“.
Bild: Lorenz Weber im Showroom von PCP.ch. Neben Computern finden sich neu auch Kaffeemaschinen im Sortiment. Foto: Hermann-Luc Hardmeier. Bericht: Hermann-Luc Hardmeier.
Schaffhausen Der Hai frisst den Goldfisch. Solche und ähnliche Bilder kursierten in den Fachzeitschriften, nachdem der Schaffhauser PC-Onlinehändler PCP.CH den Konkurrenten Steg Anfang Oktober gekauft hatte. Doch das Bild ist falsch. Denn PCP.CH ist dreimal kleiner als Steg. Durch den Kauf steigert die Firma ihren Umsatz von 40 auf 160 Millionen pro Jahr. Nun ist PCP.CH der grösste unabhängige Anbieter von Computern im Onlinegeschäft. Nur Digitec von Migros und Microspot von Coop machen noch mehr Umsatz. Der Goldfisch hat den Hai geschluckt, nicht umgekehrt.
Als 14-Jähriger begonnen
Als Lorenz Weber, Gründer und Geschäftsführer von PCP.CH, im Alter von 14 Jahren seine erste Festplatte auf dem Schaffhauser Gega-Schulhausplatz verkaufte, hätte er wohl nicht gedacht, dass er 20 Jahre später Chef eines 160-Millionen-Umsatz-Unternehmens ist. 1998 eröffnete er das erste Verkaufslokal an der Webergasse, 1999
folgte der Start des Onlineshops. Nachdem er das Geschäft an zwei Standorten in der Stadt betrieben hatte, verlegte er die Geschäftsräumlichkeiten an die Grubenstrasse und letztes Jahr ins Herblingertal. Millionen einsparen Die Lagerhalle am PCP.CH-Firmensitz ist beeindruckend gross. Im Herblingertal arbeiten derzeit 30 der 60 Mitarbeiter. 1500 Artikel kommen täglich an, und zwei Drittel davon werden gleich wieder versandt. Doch seit dem 3. Oktober ist auch das Herblingertal nur noch ein kleiner Teil von PCP.CH. Die Firma hat Steg mit 170 Mitarbeitern gekauft und verfügt nun auch über 17 Filialen schweizweit. Der Name Steg wird bestehen bleiben, doch er ist nun ans Mutterhaus PCP.CH angeschlossen. «Es ist für uns eine riesige Chance zum Wachsen, aber auch eine grosse Herausforderung», sagt Lorenz Weber. Sechs Monate wurde verhandelt, ein 500-seitiges Konzept wurde geschrieben, Bücher wurden geprüft, und Banken mussten überzeugt werden.“ Schlussendlich kam eine Finanzierung durch die Credit Suisse zustande. Doch nun ist der Deal perfekt. Lorenz Weber kann sich nun allerdings nicht zurücklehnen: «Steg ist ein Patient, der auf Vordermann gebracht werden muss», erklärt er. «Wir haben bei PCP.CH eine Firmensoftware, die Steg Millionen einsparen wird. Unsere Aufgabe im nächsten Jahr wird es sein, die Firma wettbewerbsfähiger zu machen.»
Kündigungen nicht geplant
Lorenz Weber hat seine Wohnadresse vorübergehend an den Hauptsitz von Steg verlegt, um dem Patienten vor Ort den Puls zu fühlen. Viele Mitarbeiter haben Angst, dass Kündigungen anstehen und Filialen geschlossen werden. Auch diese gilt es zu beruhigen. «Entlassungen und Schliessungen sind nicht geplant», sagt Lorenz Weber. «Steg hat nicht zu viele Mitarbeiter, sondern die Prozesse dauern zu lange und sind zu teuer.» Zudem ist Steg ein Retailer, im Gegensatz zum Onlinehändler PCP.CH. Das heisst: Die Kunden kaufen ihre Artikel in den Filialen, und daher wäre eine Schliessung von Geschäftslokalen kontraproduktiv.
Vorteile für beide
Nun gilt es, die Vorteile des Kaufs von Steg auszukosten. PCP.CH-Kunden werden bald von tieferen Preisen profitieren, da Steg teilweise bessere Einkaufskonditionen hat. Steg-Kunden werden ihr Sortiment von 5000 auf 250 000 Artikel erweitert sehen, da PCP. CH viel breiter ausgelegt ist. Mittlerweile werden nicht nur Computer, sondern von der Digicam bis zum Bügeleisen und der Kaffeemaschine alles angeboten, was sich an einer Steckdose anschliessen lässt.
PCP.CH sei langsam gewachsen, sagt Lorenz Weber. So soll es auch weitergehen, versichert er. «Es ist ein grosser Berg Arbeit, der ansteht», sagt er. «Aber wir schaffen das.»
Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung Schaffhauser Nachrichten am 29.10.14