Punk-Tornado auf der Tanzfläche

Die Melodic-Hardcore-Urgesteine «Pennywise» zerlegten am Dienstagabend die Kammgarn Schaffhausen. Ein Konzertbericht von Hermann-Luc Hardmeier.

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Jim Lindberg von Pennywise dirigierte genussvoll den Hexenkessel vor der Bühne. (Foto: Michael Kessler, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

Zur Hymne von Quentin Tarantinos blutigem Film «Kill Bill» marschierte die Vorband «Bombpops» auf die Bühne. Während aus den Lautsprechern noch «Bang, Bang, my Baby shot me down» erklang, griffen die zwei Musikerinnen und die zwei Musiker bereits in die Saiten. Das martialische Intro machte klar: Dieser Abend würde nichts für zarte Fans von Kuschelrock-CDs werden. Die Band aus San Diego brauste gleich mit Vollgas los und entlockten einem Besucher den lobenden Kommentar: «Endlich ist mal wieder Eskalation angesagt!» Sängerin Jen Razavi liess nichts anbrennen und forderte die Gäste auf, deftig mitzufeiern: «Es ist ein bisschen scary, wenn ihr so steif dasteht. Ich will, dass ihr feiert, als wäre heute das beste Konzert eures Lebens.» Gesagt getan. Die Besucher tauten langsam auf und fuhren auf der Tanzfläche die Ellbogen aus. Nicht zuletzt war der Energieschub auch dem Schlagzeuger zu verdanken, der Dampf machte wie eine Lokomotive auf Ecstasy. Das Sommergewitter verwandelte sich zunächst in einen Sturm. Als sodann «Pennywise» die Bühne betrat, wurde der Sturm zum waschechten Punk-Tornado, der alles und jeden mitriss. Gleich mit dem ersten Song «Fight till you die» erreichte die Stimmung ihren Siedepunkt. Die ganze Halle schien Pogo zu tanzen. Sprechchöre erklangen, Teufelshörner wurden begeistert mit den Fingern gezeigt und das Bier schoss in Fontänen über das Publikum. Als hätten die Besucher seit Jahren nur auf diesen Moment gewartet, wurde mitgefeiert. Der legendären Band aus Hermosa Beach in Kalifornien fiel es auch leicht, sich in die Herzen der Melodic Hardcore-Fans zu spielen. Ihr Sound war hart, aggressiv und trotzdem melodisch. Egal ob sie mit «Fuck Authority» gesellschaftskritisch wurden oder mit «Stand by me» über Emotionen sangen. Die Hauptbotschaft blieb stets dieselbe: Es passiert genug Mist auf der Welt, lass uns die Sorgen wegtanzen und die Machthaber der Welt lautstark von ihrem arroganten Podest stossen. Zwischendurch trieb Sänger Jim Lindberg seine Spässe mit dem Publikum. Er wollte wissen, welche Punkbands sie auf ihren Skatermützen herumtrugen und lobte die NOFX-, Millencolin- oder Bad Religion – Kopfbedeckungen. Danach spielte Pennywise einige Covers und liessen die Halle zu einer Punkversion von AC/DCs «TNT» ausflippen. «Wir machen den Scheiss schon 30 Jahre», lachte Gitarrist Fletcher Dragge und spielte damit auf das Gründungsjahr 1988 an. Im Hexenkessel vor der Bühne gingen unter anderem ein Schuh und eine Brille verloren. Gäste sprangen zum Stagediving auf die Hände der Tanzenden und der Schweiss schien von der Decke zu tropfen. Zum Abschluss des Konzerts erklang die «Bro Hymn», bei welcher wirklich der ganze Saal mitsang. Was für eine Stimmung an einem sonst so harmlosen Dienstagabend.

Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am Freitag, 27. Mai. Von Hermann-Luc Hardmeier.