Ein giftig-guter Musikcocktail aus dem Balkan

Die Punkrockband Vlasta Popić spielte im Schaffhauser Club „TapTab“. Eine Konzertkritik von Hermann-Luc Hardmeier.

Starkstrom aus Kroatien: Die Band Vlasta Popić besuchte am Montagabend die Munotstadt. Die Formation tourt derzeit durch Europa und den Balkan, und nichts kann sie aufhalten. Weder eine Reifenpanne, bei welcher sie in der Ukraine beinahe ihr Konzert verpassten noch kulinarische Abgründe in Frankreich, denen sie offenbar begegnet waren. Und am Montagabend landeten sie nun also in der Schweiz. Genauer gesagt in Schaffhausen. Noch genauer gesagt im TapTab-Musikclub. Und dort nicht etwa auf der Bühne, sondern neben dem Eingangsbereich auf der oberen Aktionsfläche des Lokals. Da zum Wochenstart keine Besucherexplosion erwartet worden war, hatten die Veranstalter die „normale“ Tanzfläche und die Bühne gar nicht erst geöffnet. Die Rechnung ging auf, denn das „verkleinerte“ TapTab war proppenvoll. Vlasta Popić, das Trio aus dem kroatischen Varaždin, spielt bereits seit 2007 zusammen und hatte viele musikalische Köstlichkeiten für die Gäste im Gepäck. Eine Prise Indierock, ein deftiger Schuss Punk, viel Power und Nowave-Pop. Das alles gut geschüttelt, nicht gerührt. Und fertig war der giftig-gute Musikcocktail. Den Besuchern des TapTabs steckte das Wochenende noch etwas in den Gliedern. Es gab keine Pogotänze und Bierfontänen, aber die Stimmung war gut. Die Zuhörer applaudierten begeistert, wenn Schlagzeugerin und Sängerin Tena Rak den Takt angab, Ivan Ščapec mit der Gitarre das Trommelfell zum Rocken brachte und der Bassist Dimitrij Petrović die tiefe Bauchmuskulatur in Schwingungen versetzte. Vlasta Popić spielte euphorisch, verzerrt, eckig und dreckig.

Killermaschine und Dadaismus

Vor dem Hauptact war den Besuchern von der Vorband Zaperlipopette eingeheizt worden. Mit Verkleidung, falschem französischen Akzent und Megafon lieferten die Basler eine Show, die durchaus auch als dadaistische Inszenierung hätte durchgehen können. „Die zwei Bands waren ein guter Kontrast“, erklärte Veranstalter Remo Furger. „Der Abend ist gelungen und besonders freut mich, dass für einen Montag so viele Gäste gekommen sind.“ Die Songtitel der Kroaten wirkten etwas düster: Vom Teufel, von verblendetem Hass, nervösen Träumen und der absoluten Killermaschine war da die Rede. Doch wer am Montagabend eine Kuschelstunde im TapTab suchte, der war sowieso an der falschen Adresse. Um den schlimmsten Tag der Woche zu bekämpfen, war die Medizin von Vlasta Popić goldrichtig. Der Bandname bezieht sich übrigens auf eine Baumwollfabrikantin aus den 90er-Jahren, die sich in Varaždin für die Rechte der Arbeiterschaft stark machte. Daher kann man der Band durchaus einen gewissen Tiefgang attestieren. Die kroatische Wundertüte hatte ein vielfältiges Konzertprogramm für die Besucher bereitgehalten. Nach dem Auftritt bilanzierte Gitarrist Ivan Ščapec treffend: „Es war grossartig.“

Von Hermann-Luc Hardmeier, erschienen am 14. Oktober 2015 in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“.

Funk mit viel Schlagsahne serviert

Konzertkritik von Hermann-Luc Hardmeier: Im „Cuba-Club“ in Schaffhausen eröffnete die Band „Funky Dive“ die neue Reihe monatlicher Konzerte.

Der Rhein ist ruhig, nur ein paar kleine Entchen und ein Schwan sind zu sehen. Plötzlich fliegen die Tiere verstört auseinander und ein Schnorchel taucht wie eine Haifischlosse aus dem Gewässer aus. Am Schnorchel hängt ein Mann mit Neoprenanzug und Saustersoffflasche. Schnellen Schrittes entsteigt er dem Wasser und watschelt schwungvoll mit seinen Flossen an Land. Als er die Mütze auszieht, schiesst eine lockige Afrofrisur in die Luft. Soeben ist kein geringerer als James Brown im Taucheranzug dem Rhein entstiegen. Die ganze Szene hat sich natürlich nicht in echt, sondern in den Ohren der Besucher des Cuba-Clubs an der Stadthausgasse abgespielt. Dort musizierte nämlich am Mittwochabend die Formation „Funky Dive“ und feierte ihr 17-jähriges Bestehen. Die achtköpfige Combo ist in der Munotstadt spätestens seit ihrem fetzigen Auftritt im Juni 2014 in der Rockarena bekannt. Die Besucher waren gekommen, um mit der Band musikalisch ins Wasser zu springen und voller Frische wieder aufzutauchen. Die Musiker spielten Covers der grossen Funk- und Soulsänger. Songs von Etta James, Tower of Power, Joss Stone oder den Crussaders brachten die Gäste zum Mitschnipsen, Wippen und einige schwangen sogar kurz das Tanzbein. Dabei zeigte sich, dass die Location durchaus konzerttauglich ist. Die Funk-Klänge passten perfekt ins Ambiente des Cuba-Clubs mit den Shabby-Chic-Möbeln in den Pastellfarben. Die Gäste lehnten lässig an der Bar, standen direkt an der Bühne oder genossen friedlich rauchend vom Stuhl im Fumoir aus den Auftritt. Die Band groovte und rockte, dass es eine wahre Freude war. Die starke Bläserfraktion Trompete, Bariton sowie Tenor Saxophon frohlockte in den Ohren. Gitarre und Bass explodierten im Takt und das Schlagzeug setzte ein rhythmisches Kopfnicken bei den Zuhörern in Gang. Allen voran beeindruckte die Sängerin Karin Gasparri die Zuhörer. Ihre Stimme war ausdrucksstark, gehaltvoll und gelinde gesagt bombastisch. Wenn sie von Patt LaBelle „Lady Marmalade“ zum Besten gab, fühlte sich jeder in der Zeitmaschine zurückversetzt. Es fehlt nur noch, dass den Besuchern spontan Schlaghosen an den Beinen erschienen und die Discohüfte wie bei John Travolta zu hüpfen begann. Ein Highlight war es auch, als Karin Gasparri ihren Lieblingssong von Betty Wright aufführte: Clean up Woman“ war ein Hit, der jeden Gast im Cuba mitriss. Musikalisch wurde den Besuchern ein Leckerbissen geboten, der mit viel Schlagsahne serviert wurde. Der Cuba Club plant nun monatlich Konzerte durchzuführen. Und hat für diese Eventreihe einen guten Einstand gefeiert. Es hätte noch ein wenig mehr Leute haben können, aber „Funky Dive“ hat auf jeden Fall das Kulturleben Schaffhausens bereichert. Solche Events dürfte es unter der Woche ruhig öfters geben.

Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am 3. Oktober 2015.

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