Bandfestival im Herzen der Schaffhauser Altstadt

Von Hermann-Luc Hardmeier. Vielfältige Musik mit powervollem Gesang begeisterte die Zuschauer am Mojo-Bandfestival im Schaffhauser Club „Orient“. Vier Bands sorgten für Bombenstimmung. Ein Konzertbericht von Hermann-Luc Hardmeier.

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Bild: Die Band „Malik“ gibt Vollgas. (Foto: Selvyn Hoffmann, SN, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

„Ihr werdet vollgeladen mit guter Musik nach Hause gehen“, empfing Tom Albatros Luley vom Organisationskomitee die Gäste zu Beginn des Konzertabends. Vier Bands spielten am Freitagabend im Tanztempel Orient. „Wir möchten jungen Musikern eine Plattform bieten und die Bandszene in Schaffhausen neu beleben“, erklärte Ronny Bien die Idee des Anlasses. Entstanden war das Ganze, nachdem Bien zusammen mit seinem Kollegen Sven Etan Binkert ein Geburtstagsfest mit Livemusik gefeiert hatte. Daraus entwickelte sich das Mojo-Bandfestival. Bisher fand die Veranstaltung in der „KultUhrBeiz“ Dolder2 in Feuerthalen statt.

Ein Hauch von Jimy Hendrix

Der Event war so beliebt, dass die Bar aus allen Nähten platzte. So entschlossen sich Ronny Bien, Dolder2-Chef Tom Albatros Luley und Orient-Besitzer Metin Demiral das Bandfestival im Lokal an der Stadthausgasse zu veranstalten. Der Schritt hatte sich gelohnt. Der Besucherandrang war gut und die Stimmung von Anfang an ausgelassen. Den musikalischen Auftakt machte die Formation „Stone Free“ mit stilechtem Sixties-Bluesrock. Die Musik der drei Brüder war nicht nur gut, sie war gewaltig. Wenn man die Augen schloss, hätte man glatt meinen können, Jimy Hendrix stehe auf der Bühne. Ein Hauch von Canned Heat, the Doors oder Led Zeppelin huschte durch den Saal. Das Krönchen des Auftritts setzte das Outfit des Sängers der Band obenauf. Mit den langen gelockten Haaren und der runden Brille sah er ein wenig aus wie John Lennon. Doch so wie er die Gitarre aufjaulen liess, wären die Beatles sicher mehr als neidisch geworden. Die Jungs spielten so authentisch, als wären sie in den Sixties aufgewachsen und hätten nie etwas anderes getan. Die Gäste lobten sodann das Konzert auch mit Kommentaren wie „sackstark“ und „beeindruckend“.

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Zitat: Tom Albatros Luley zu Beginn des Festivals. Bericht: Hermann-Luc Hardmeier.

Nach dem gelungenen Ausflug nach Woodstock kam eine Band auf die Bühne, welche schon die Startrampe des „Stars in Town“ gerockt hatte. Die fünf Musiker von „Malik“ spielten mit Rock-, Jazz-, Funk- und Popeinflüssen powervolle und langsame Songs. Beeindruckend waren sicherlich die Stimme des Sängers und das vielfältige Repertoire der Band. Besonders stark waren auch zwei Balladen, welche nur mit akustischer Gitarre unterstützt vom Sänger und Keyboarder gemeinsam gesungen wurden. Die Gäste klatschten im Takt, viele weibliche Besucherinnen tanzten vor der Bühne.

Blues, Rock’n‘ Roll und Ska-Punk

Im Anschluss war Organisator Ronny Bien persönlich gefordert, denn seine eigene Band namens „Mr.Mojo“ enterte das Musikpodest. Unterstützt von zwei Sängern und einer Sängerin rockte Bien mit seiner achtköpfigen Band, als ob es kein Morgen gäbe. Fulminanter Funk, gefühlvoller Blues und mitreissender Rock’n’Roll stand auf dem Programm. Beim Stück „Walk Another Way“ wurde die Band zusätzlich von Tom Albatros Luley mit der Mundharmonika unterstützt. Die Stimmen der Sänger und die Leidenschaft von Ronny Bien waren wirklich imposant. Grosser Applaus und Schweissperlen auf der Stirn eines jeden tanzenden Gastes waren „Mr.Mojo“ gewiss. Kein Wunder, wünschten sich die Besucher gleich mehrere Zugaben der Combo. „Das war super. Das Warten hat sich gelohnt“, lobte Besucher Buddy Smiley den Auftritt. Nach diesen starken Bands lastete der Druck schwer auf der vierten Musikformation des Abends: Die Ska-Punker „The Slobbers“. Nach einem guten Einstieg streikte leider das Instrument des Gitarristen und das Stimmen dauerte sehr lange. Das Konzert nahm danach wieder gute Fahrt auf, doch die Reihen hatten sich schon etwas gelichtet. Das hinderte die Slobbers nicht daran, knackigen Offbeat und kräftige Bläserpower vom Feinsten zu zelebrieren. Am Mojo-Bandfestival wurde den Besuchern viel Qualität geboten. Nach dem Ende der Veranstaltung fasste „Malik“-Frontmann Amon Rether den Abend passend zusammen: „Es war richtig geil.“

Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienn am 22. Dezember 2014 in der Zeitung Schaffhauser Nachrichten.

 

Clau Wau: Ein eisiges Bart-an-Bart-Rennen

Von Hermann-Luc Hardmeier: Einmal im Jahr trifft sich die Weltelite der Samichläuse in Samnaun, um den besten Chlaus zu küren. Eine Reportage von Hermann-Luc Hardmeier.

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Bild: Samichläuse und Samichläusinnen nehmen am Clau Wau teil. (Foto: www.schneehoehen.de, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

«Schneller, schneller! Los, wir müssen den Schlitten beschleunigen!», ruft der eine Samichlaus dem anderen zu. Die zwei rasen mit ihrem Holzschlitten die schneebedeckte Rennstrecke in Samnaun hinunter und spüren die Stoppuhr im Nacken. Die zwei Männer mit roten Mänteln und weissen Bärten unter Zeitdruck düsen nicht etwa bei den Dreharbeiten zu einem Samichlaus-Action-Film über die Piste, die kuriose Szene ist das Finale der Samichlaus-Weltmeisterschaft im Bündnerland. Der Tourismusverein Samnaun veranstaltet einmal pro Jahr pünktlich zur Skisaisoneröffnung das so genannte «Clau Wau»: Bei dieser Weltmeisterschaft messen sich die besten Weihnachtsmänner, um den würdigsten Vertreter beziehungsweise das würdigste Team ihrer Gilde zu küren. Angetreten wird in Mannschaften mit je vier Weissbärtigen. Der Event fand seit dem Jahr 2000 nun zum siebten Mal statt und zog am vergangenen Samstag 23 Teams und somit 92 Chläuse und Chläusinnen an.

Laut Christoph Kunz, dem Direktor von Samnaun Tourismus, ist der Anlass der einzige seiner Art in Mitteleuropa. Lediglich in Schweden soll es ebenfalls eine Art Weihnachtsmann-Olympiade geben. «Der Titel ‹Weltmeister aller Nikoläuse› wird aber einzig und allein in Samnaun vergeben», fügt er schmunzelnd hinzu.

Freakige Verkleidungen …

Ein skurriles Bild bietet sich den Zuschauern, als das «Clau Wau» eröffnet wird und die Samichläuse durch das Dorf marschieren. Die Teams haben sich grosse Mühe gegeben, um mit ihren Verkleidungen aufzufallen: Das Team «Post-Chläuse» hat ein Postwägeli dabei, trägt gelbe Mäntel zu den weissen Bärten und verteilt Nüsschen und Schokolade aus grossen PTT-Säcken. «Wir kennen uns von der Arbeit», murmelt Marcel Mosimann aus seinem gelben Kostüm. Die vier sind übrigens tatsächlich waschechte Pöstler und arbeiteten einst im gleichen Verteilzentrum. Ganz vorne am Umzug befindet sich eine Mannschaft, die sich als «Pimp-Chläuse» bezeichnt. Sie tragen protzige Bling-Bling-Goldketten und Pornosonnenbrillen zu ihren Mäntelchen. Bevor einer von ihnen erklären kann, woher sein Team stammt, wird seine Stimme jedoch von lautem Motorenlärm übertönt. Auf zwei schnittigen Motorrädern düsen zwei Nikoläuse vorbei. Im Schlepptau, mit einem Seil an der Maschine befestigt, sind zwei weitere Weihnachtsmänner auf Inlineskates. «Wir haben das ganze Jahr über geübt, Nüssli zu knacken und Mandarinli zu schälen», erklärt Fabian Wyss von den «Offroad-Chläusen». «Ich denke, damit und mit unserem sportlichen Hintergrund – wir machen als Hobby Stuntshows – sind wir bestens auf das «Clau Wau» vorbereitet.» Erfreulicherweise kann am ‹Clau Wau› festgestellt werden, dass die Gleichberechtigungswelle mittlerweile auch den Samichlausberuf erreicht hat. So sind auch zwei Frauenteams angemeldet. Natürlich treten sie ohne Bart auf, und das obligatorische Ho-ho-ho klingt bei ihnen ungleich viel freundlicher als bei den Männern. Das Damenteam «Uh la la» setzt auf optische Reize und ist in roten Miniröcken mit weissem Saum aufmarschiert. Sie haben ein riesiges Päckli auf Rädern dabei und einen düster blickenden Schmutzli mit Fitze. «Ich passe auf, dass niemand meine sexy Santa-Girls belästigt», sagt Schmutzli und lächelt zufrieden.

… und ausgefallene Disziplinen

«Die 23 Teams messen sich in acht verschiedenen Disziplinen und werden dabei von einer dreiköpfigen Jury beurteilt», erklärt Christoph Kunz die Vergabe der Podestplätze. Nach der Parade durchs Dorf müssen sich die Nikoläuse am ersten Posten innert 50 Sekunden der Jury präsentieren. Die Gewinner des letzten Jahres haben eine kleine «Alinghi»-Segeljacht auf Rädern gebaut und hissen auf dem Mast die Schweizer Fahne. Ein Team aus Holland singt in einer Mischung aus Deutsch und Holländisch dem Bewertungsgremium ein Weihnachtslied und die aus Deutschland angereisten «Freiburger Partykläuse» sagen für die Jury im Chor ein Weihnachtssprüchli auf. Sehr spektakulär ist auch die Showeinlage der «Offroad-Chläuse»: Sie springen mitsamt Motorrad und nachgezogenem Inlineskater über eine kleine Schanze und sorgen für anerkennenden Applaus bei den Zuschauern.

Ob der echte Weihnachtsmann mit seinem Wohlstandsbauch die nächste Aufgabe gemeistert hätte, ist zumindest fraglich, zumal die zweite Disziplin, das Kaminklettern, gelinde gesagt nicht ganz unanstrengend ist. Einen gut drei Meter hohen Schornstein muss der Samichlaus hier erklimmen, und dabei soll der Kletterer einen Gschenklisack buckeln. Damit nichts schief geht, werden die Kletterchläuse von der Samnauner Feuerwehr mit Klettergurten gesichert. Während die einen Chläuse noch mit dem Kamin kämpfen, wird von den anderen bereits die nächste Aufgabe in Angriff genommen. Unter Zeitdruck müssen Lebkuchen mit Smarties und Schlagrahm verziert werden. Anschliessend gilt es, mit Schaufeln und Farbspray Schneeskulpturen anzufertigen. Viel zu Lachen gibt es bei der Disziplin «Esel-Trekking». Die Chläuse sind an diesem Posten angehalten, Geschenke in einen Sack zu packen, diesen auf einen Esel zu verfrachten und mit dem Tier anschliessend einen Parcours zu absolvieren. Es gewinnt das schnellste Team. So weit, so gut, wenn da nicht die dickköpfigen Esel wären. Die Tiere verhalten sich nicht gerade so, wie es die Samichläuse gerne hätten: Sie bocken, bleiben störrisch und zeigen sich nicht sonderlich interessiert am «Clau Wau»-Parcours. Die einen Weihnachtsmänner versuchen sie mit Karotten zu locken, was gar nicht so schlecht funktioniert. Andere hingegen sind der Verzweiflung nahe – ein Chlaus versucht sogar, den Esel mit beiden Händen anzuschieben.

Finale am Abend

«Zuerst brauche ich jetzt mal ein Bier», meint Ron Saarloos vom holländischen «Nikolaus-Team». Er und seine drei Schmutzli fürchten sich ein wenig vor den sportlichen Disziplinen und stärken sich zuvor mit Gerstensaft. «Das macht uns nichts aus», meint er. «Wir vier sind Pubbesitzer in Amsterdam und können schon ein, zwei Schlucke vertragen.» Grosse Chancen allerdings rechnet er sich nicht aus: «Natürlich wäre es schön, die 5000 Franken Siegprämie mit nach Hause zu nehmen, aber wir sind eher wegen des Spasses hier, nicht wegen des Zasters.»

Das Finale am Abend scheint sodann mit den Disziplinen «Santa Race» und «Santa Scooter» tatsächlich dem olympischen Gedanken verpflichtet. Beim «Race» laufen jeweils zwei Chläuse mit Schneeschuhen eine Strecke den Hang hinauf und düsen sodann mit einem Airboard wieder hinunter. Das Airboard dient dabei als eine Art Stafettenstab und muss weitergegeben werden. Beim «Scooter» hingegen wird endlich der Samichlaus-Schlitten eingesetzt. Besonders fies dabei: Die gegnerischen Mannschaften dürfen den rodelnden Samichläusen Hindernisse in den Weg stellen.

Die Samichlaus-Weltmeisterschaft endet mit der letzten Disziplin: «Santa Show». Auf der Bühne im Nikolaus-Festzelt geben die Weihnachtsmänner nochmals ihr Bestes. Singend, tanzend und turnend trachten sie, das Herz der Jury zu erobern. Der Samichlaus-Weltmeistertitel geht an die «Balsthaler Turnerchläuse»: «Die Mitglieder unseres Turnvereins besuchen am 6. Dezember tatsächlich als Nikoläuse verkleidet das halbe Dorf», erklärt Thomas Dobler. «Wir sind also echte Samichläuse und haben deshalb die Siegerkrone sicherlich nicht zu Unrecht erworben.» Die Weihnachtsmänner beenden das «Clau Wau» mit einer Freinacht und bescheren Samnaun einen festlichen Saisonstart. Der eine oder andere Besucher des Anlasses dürfte aber nach dieser Überdosis an weissen Bärten, roten Mänteln und nie mehr endenden Ho-ho-ho-Rufen nicht ganz unglücklich darüber sein, dass die Samichläuse wieder für ein Jahr in den Schwarzwald entschwinden.

Reportage von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen im Wochenendmagazin „Express“ der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“.

Buchtipp: „Der Sohn“ von John Nesbø

Von Hermann-Luc Hardmeier: Im neuen Krimi des Autors John Nesbø lässt ein ausgebrochener Gefangener seinem Drang nach Vergeltung freien Lauf. Eine Buchkritik von Hermann-Luc Hardmeier.

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„Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird.“ So lautet ein Zitat, das den Film „Kill Bill vol. 1“ des Kultautors Quentin Tarantino einläutet. Ähnlich wie der blonde Rache-Engel von Hollywood wirkt auch der Antiheld Sonny Lofthus in John Nesbøs Kriminalroman. Zunächst sitzt er im Gefängnis und führt ein illustres Leben. Er bekennt sich zu Straftaten von anderen und kassiert dafür neben Geld auf Drogen. Er fühlt sich wohl, denn seit sein Vater Suizid begann, ist ihm alles egal. Das Familienoberhaupt war Polizist, einer von der unbestechlichen Sorte. Völlig überraschend brachte er sich um und verriet in seinem Abschiedsbrief, dass er bei einem stadtbekannten Kriminellen auf der Lohnliste stand. Das Leben von Sonny Lofthus tuckert jahrelang an ihm vorbei. Doch es ändert sich abrupt, als ein Mitgefangener ihm die wahre Geschichte des Vaters erzählt. Er wurde reingelegt, kaltblütig ermordet und zum Verfassen des Abschiedsbriefes gezwungen. Nun reissen beim Sohn alle Dämme. Der hochintelligente Sonny bricht aus und begibt sich auf einen Rachefeldzug. Er macht dabei weder halt vor unschuldig erscheinenden Hausfrauen, Auftragsmördern und sogar den Vize-Gefängnisdirektor nimmt er ins Visier. Die Spannung wird dem Leser gleich Lastwagenweise zugeführt. Nicht zuletzt auch dadurch, dass John Nesbø mit häufigen Perspektivenwechseln arbeitet. Den Kampf mit dem Auftragsmörder sieht man beispielsweise durch die Augen des jungen Nachbarkindes. Die Geschichte von Sonny Lofthus wird abwechselnd vom Erzähler und einer Dame berichtet, die sich in ihn verliebt hat. Und die polizeiliche Jagd auf den Ausbrecher sieht man durch die Augen des Polizisten Simon Kefas. Dieser entpuppt sich bald als raubeiniger Sheriff, der es mit dem Gesetz nicht immer sehr genau nimmt. Er jagt Sonny, und dieser jagt den Maulwurf, welcher seinen Vater einem Verbrecher namens „Der Zwilling“ ausgeliefert hatte. Dieser Maulwurf soll immer noch bei der Polizei aktiv sein. Es kommt zum Showdown in einer Kirche. Dabei fliegen in einem Beichtstuhl nicht nur Gebete Richtung Himmel, sondern auch Bleikugeln aus dem Laufe einer Utzi durch die Luft. Ein grossartiges Finale erwartet den Leser, als John Nesbø enthüllt, wer der Maulwurf gewesen ist. Der Roman überzeugt in vielen Bereichen und ist trotz seiner 522 Seiten nicht langatmig geworden. Mit welcher Leichtigkeit Sonny Lofthus zuerst aus dem Gefängnis ausbricht, und danach wieder einbricht, um den Vize-Gefängnisdirektor in seinem eigenen Büro zu einem Geständnis foltert, das mag dann schon etwas übertrieben und unrealistisch sein. Auch die Tatsache, dass bei der norwegischen Polizei nahezu jeder Polizist korrupt sein soll, ist vielleicht etwas überzeichnet. Doch bei einem Kriminalroman soll es sich ja auch nicht um ein 1:1 Abbild der Realität handeln. Gerade diese Ãœbertreibungen bringen Spannung, Tempo und vielleicht auch etwas Humor mit ins Spiel. Wer Krimis mag, Action liebt und bei ein paar Bluttropfen nicht gleich Kopfweh bekommt, der ist beim Roman „Der Sohn“ genau an der richtigen Adresse.

Von Hermann-Luc Hardmeier

 

 

Weniger ist manchmal mehr – # Ist das Schweizer Wort des Jahres

Von Hermann-Luc Hardmeier: Warum die Jury das Twitter-Zeichen # zum Wort des Jahres gewählt hat.

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Foto: Hazel Brugger war in der Jury 2014. (Foto: srf.ch, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

Jedes Jahr erwartet die Schweiz mit Spannung die Wahl zum Wort des Jahres. Weit mehr als 1000 Vorschläge haben 2014 die Jury erreicht und nun sind die Würfel gefallen. # sprich „Hashtag“ ist der Sieger bzw. die Siegerin. Hmm, woher kommt einem das Symbol denn eigentlich bekannt vor? Jaja, natürlich von Twitter, doch da war doch noch was anderes. Ah ja, richtig. Diese gekreuzten Linien bilden doch die Grundlagen des Tic-Tac-Toe-Spiels. Genau, das mit den Kreisen und Kreuzen, das überlebenswichtig für so viele langweilige Schulstunden war. Und nun ist es also Schweizer Wort des Jahres: Bravo! 2015 kommt dann wahrscheinlich 4-Gewinnt als Wort des Jahres und 2016 Mikado. Oder Monopoly.

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Foto: Der gute alte „Gartenhag“ wurde zum Wort des Jahres. (Foto: srf.ch, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

Hashtag wird von älteren Menschen noch als „Gartenhag“ bezeichnet und vom helvetischen Mundwerk als „Häsch-Täg“ ausgesprochen. Da kann man sich einen plumpen Kneipenwitz nicht ersparen: Bob Marley hatte manchmal auch seine Häsh Täg, hahahaha.

Wortwitz beiseite und weiter geht’s: Das Zeichen erlangte seine Berühmtheit in den sozialen Medien wie Twitter, Instagram und Facebook. Es gilt quasi als Postleitzahl für Gruppenmeldungen. In der Funktionsweise eine Weiterentwicklung des @-Zeichens, welche die E-Mails jeweils an den richtigen Adressaten weiterleitet. Kurz gesagt: # passt zu unserer heutigen Kommunikation und für den Wunsch des Verdichtens und Zeitsparens. Anstatt ein lustiges Foto mit dem Kommentar zu versehen: „Marc und Peter haben Spass in den Ferien“, wird das Ferienfoto kurzerhand mit #fun gekennzeichnet und jeder weiss Bescheid. Für die Jury bestehend aus dem Autoren Martin Suter, dem Schriftsteller Pedro Lenz, Ursula Schubiger vom Radio SRF, Daniel Quaderer, Bänz Friedli und Poetryslammerin Hazel Brugger steht der Begriff sinnbildlich für eine Gesellschaft und vor allem für eine Jugend, die rasch auf den Punkt kommt und für eine zunehmende Verdichtung der Sprache. Der Wunsch nach Schlagworten schlägt sich sozusagen in der Sprache nieder. Weniger ist manchmal mehr? Wenn man der Jury glaubt, dann auf jeden Fall.

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Foto: Die Jury 2014. (Foto: srf.ch, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

Selfie ist zu banal

Es wurde eine Flut von Begriffen eingereicht und nach einigen Stunden wurden danach die Entscheidungen gefällt. Leicht gemacht hat man sich es dabei nicht, denn auch das Wort „Selfie“ hatte einen starken Anspruch auf das oberste Treppchen des Podests angemeldet.

„Das ist mir jetzt eine Spur zu banal“, sagt Bänz Friedli, der seit 12 Jahren der Jury angehört. Es wäre seiner Meinung nach „das Naheliegendste“ und man sollte es sich als Jury nie zu einfach machen. „Man muss sich in 20 Jahren daran zurückerinnern und wird sich hoffentlich nicht mehr an diesen Stadtpräsidenten erinnern, der sein Handy nicht im Griff hatte“, sagte er und verweist augenzwinkernd auf den Skandal um das Nack-Selfie von Politiker und Stadtammann Geri Müller.

Unwort des Jahres: Dichtestress

Was wäre die Wahl des Wort des Jahres ohne ein Unwort des Jahres? „Dichtestress“ wurde von bürgerlichen Politikern Ende 2013 aus der Versenkung gezaubert. Ursprünglich stammt es aus der Tierwelt, doch es wurde eingefangen, gezähmt und darf nun für Pro- und Contra-Argumente für politische Initiativen an der Leine geführt werden. Beispielsweise für die „Masseneinwanderung“ oder „Ecopop“. Dabei wären doch genau diese zwei Begriffe herrliche Anwärter für Unwörter des Jahres gewesen. Dicht gefolgt von „Food Porn“ und nach den grauenhaften Ausstrahlungen von gewissen Flirt-Sendungen auf „drei +“ würde ich auch gerne „Bachelor“ dazuzählen. Die Jury ist des öffentlichen Gebrauchs des Wortes „Dichtestress“ müde und kritisiert völlig zu Recht, dass man in an einem gemütlichen Ort wie der Schweiz noch nie wirklich einen echten „Dichtestress“ erlebt hat.

Satz des Jahres: Es bleibt unbeständig

Die Meteorologen bei SRF sprechen manchmal, als seien sie mit dem Mähdrescher über den Duden gefahren. Wortkreationen, bis zum Rand angefüllt mit heisser Luft sind keine Seltenheit. Denn was soll ein Satz wie „Es bleibt unbeständig.“ schon aussagen? Irgendwie ein Widerspruch, wenn etwas bleiben soll, gleichzeitig aber unbeständig ist. Oder nicht? Diese Ambivalenz gefiel auch der Jury und der Seiltanz zwischen Regen, Sonne, Hochs und Tiefs beschreibe und charakterisiere doch eigentlich ganz herrlich die Grosswetterlage in der Schweiz.
Doch nun genug der Gartenzäune, unbeständigen Wetterlagen und gestressten Dichtern. Ich sag jetzt nur noch #Feierabend.

Von Hermann-Luc Hardmeier

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Foto: Die Übersicht über die bisherigen Preisträger. (Foto: srf.ch, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)