Von Hermann-Luc Hardmeier: 700 Gäste tanzten und feierten am Freitagabend zu den Songs von Jimmy Cliff in der Kammgarn. Eine Konzertkritik von Hermann-Luc Hardmeier.
(Bericht: Hermann-Luc Hardmeier, Foto: Hermann-Luc Hardmeier)
Er ist eine Legende wie Elvis Presley, Bob Marley oder Amy Winehouse. Jimmy Cliff. Soul und Reggaemusiker der ersten Stunde. Das Einzige, was ihn von den erstgenannten unterscheidet, ist folgendes: Er lebt noch. Und wie! Am Freitagabend kannte der 67-jährige Musiker kein Pardon und begeisterte Schaffhausen mit seinem Können. „Wir freuen uns sehr, dass Jimmy Cliff für seine einzige Schweizer Clubshow 2015 ins Kammgarn kommt“, kündigten ihn die Organisatoren im Vorfeld glücklich an. Der Aufruf nützte. Die Tickets gingen so schnell über den Ladentisch, als hätte ein Tornado durch die Verkaufsstuben gefegt. Das Konzert war fix ausverkauft und 700 Gäste drängten sich in die Kammgarn. Doch der wilde Sturm verwandelte sich bei Konzertbeginn in ein angenehmes, warmes, karibisches Sommerlüftchen. Relaxen, geniessen, mitsingen und mittanzen war angesagt.
DJs und Schwarzmarkt
Auch vor der Kammgarn war alles auf die Veranstaltung eingestellt. Auf der Terrasse legte ein DJ Reggae auf und es gab einen Risotto- und Getränkestand, wo man sich kulinarisch vergnügen konnte. „40 Franken!“, sagte ein Wartender zufrieden vor dem Eingang. So viel hatte er soeben auf dem Schwarzmarkt für eine Eintrittskarte gezahlt. Ein anderer hatte weniger Glück und musste anstatt des regulären Preises von 68 Franken, deren 100 hinblättern.
Badehosen und Rastas
Sehr bald nach der Türöffnung spielte in der Halle bereits die Vorband. Bei genauerem Hinschauen merkte man, dass dies Jimmy Cliffs Band war, wobei die zwei Backgroundsänger den Part des Frontmanns übernahmen. Hits wie „54-46 was my number“, aber auch eigene Songs heizten das Publikum an. Die jüngeren Gäste vor der Bühne waren bereits um 21 Uhr in Tanzstimmung. Auf der Treppe und im oberen Stock verweilten die etwas älteren Zuschauer, die sitzend und ans Geländer lehnend dem bunten Treiben zuschauten. Einige der Gäste in der Kammgarn waren passend eingekleidet. Rastafrisuren, Badehosen in Reggaefarben oder ein T-Shirt mit dem Aufdruck „I love Reggae“ waren zu sehen.
Ein Hit folgt auf den nächsten
Als Jimmy Cliff sodann die Bühne betrat, waren die Besucher begeistert. Unter grossem Applaus spielte er „Rivers of Babylon“ mit Congas und Trommeln, so dass es sich sehr traditionell und afrikanisch anhörte. Als der Song zu Ende war, stand James Chambers, wie Jimmy Cliff mit bürgerlichem Namen heisst, von seinem Stuhl auf. Er rief ins Mikrophon: „Yeah, I’m Jimmy Cliff!“ Dies reichte, um die Zuschauer in Ekstase zu versetzen und ihm frenetisch zu applaudieren. Danach gab der Künstler Vollgas und es folgte Hit auf Hit. „You can get it if you really want“ spielte er gleich als zweiten Song. Er stand dabei in der Mitte der Bühne und schwenkte die Arme im Takt. Zwischendurch liess er es sich nicht nehmen, ein Tänzchen oder eine Choreographie mit den Backgroundsängern zum Besten zu geben. Der 67-jährige schien alles andere, als sich auf den Ruhestand vorzubereiten.
Illustres Outfit
Jimmy Cliff trug ein golden glitzerndes Basballcap, das nach hinten offen war. Wie die Mütze eines Casino-Groupiers. Zudem hatte er ein goldenes Polyesterhemd, das zwar super aussah, bei der Hitze in der Kammgarn aber vielleicht nicht die beste Wahl war. Die sommerlichen Temperaturen und die Tanzbewegungen der 700 Gäste sorgten dafür, dass man sich in der Halle wie bei einem finnischen Sauna-Contest fühlte. Heiss, heiss und nochmals heiss. Es folgten Hits wie „The Harder They Come“, „Wonderful World, Beautiful People“, „Reggae Nights“ oder Soulnummern wie „Wild World“. Mit dem Song „Vietnam“ stand die Stimmung schliesslich auf dem Siedepunkt. Der Protestsong gegen den US-Krieg verwandelte den Saal in einen Hexenkessel. Jimmy Cliff war ein guter Entertainer. Die Gäste johlten auf sein Kommando, sangen an bestimmten Stellen den Text mit oder liessen sich dazu bewegen, gleich ganze Strophen und den Refrain zu singen. Der Reggaekönig war begeistert, spielte zwei Zugaben und lobte die Gäste: „Switzerland, you are amazing tonight!“
Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am 17. August 2015.