Mord und Totschlag im kleinen Paradies

Walter Millns lud am Freitagabend zur Lesung seines neuen Krimis „Tödlicher Sog“ ins Lokal Bücher Schoch. Eine Buchbesprechung von Hermann-Luc Hardmeier.

walter millns

Foto: Walter Millns bei der Präsentation seines Buches. (Bild: Hermann-Luc Hardmeier, Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

„Heute wird’s mörderisch“, begrüsste Beatrice Rölli vom Bücher Schoch die Gäste. Im Untergeschoss des Buchgeschäftes in Schaffhausen hatte sich eine stattliche Anzahl von Zuhörern versammelt. Gespannt warteten sie darauf, dass Walter Millns aus seinem neusten Buch vorlesen würde. Doch bevor es soweit war, begrüsste er am Eingang vergnügt die Gäste. „Nein, die Ideen kommen mir nicht beim Wandern oder während ich Tatort schaue“, lacht er über die Frage, was ihn inspiriert. Walter Millns hat bereits drei Bücher geschrieben und mit „Tödlicher Sog“ seinen zweiten Kriminalroman erfunden. Seine Ideen entstehen nicht nach Konzept und Vorlage, sondern wachsen nach und nach während dem Schreibprozess. Einzige Konstante: Der Handlungsort ist stets die Munotstadt. Der Autor las dem Publikum mehrere Kapitel aus seinem Buch vor. In der Eröffnungsszene gab es sogleich zwei Leichen zu betrauern. Mord in Schaffhausen? Ein Kapitalverbrechen im kleinen Paradies? Geht das überhaupt? „Die Leute sind oft erstaunt, dass ich meine Krimis in Schaffhausen ansiedle“, erzählte Walter Millns zwischen den Kapiteln. „Erstens sind auch in Schaffhausen die Möglichkeiten und Voraussetzungen für solche Taten vorhanden, und zweitens kenne ich mich hier sehr gut aus. Ich muss somit nicht teure Reisen für Recherchen machen“, scherzte er. Ihm gefalle es sehr, über die Möglichkeiten eines Verbrechens in unserer Region zu spekulieren. Und zudem lasse er die Leser gerne darüber rätseln, wo genau in unserer Stadt schlussendlich die Handlung stattfinde.

Das Pulver nicht verschossen

In seinem Krimi geht es um den Polizisten Bärtschi, der die blutigen Taten in seinem Revier aufklären will. Da er seinen Mitarbeitern nicht trauen kann, nimmt er die Hilfe des Journalisten Cobb und Anna Galanti in Anspruch. Moment einmal: Anna Galanti ist doch schon einmal in Walter Millns letztem Buch aufgetaucht? „Das ist richtig“, erklärt der Autor. „Andere Schriftsteller haben mich immer davor gewarnt, dass einem gewisse Figuren ans Herz wachsen. Das ist mir auch passiert. Ich konnte mich in meinem neuen Buch nicht von ihr trennen.“ Walter Millns achtete bei seiner Lesung darauf, dass er die Zuhörer neugierig machte, aber noch nicht zu viel von der Handlung verriet. Seine Erzählungen waren detailreich und sehr spannend. Man hätte ihm noch lange zuhören können. Zum Schluss blieb jedoch zu hoffen, dass die Phantasien von Walter Millns nicht plötzlich ausbrechen und Schaffhausen weiterhin von den blutigen Verbrechen à la „Tödlicher Sog“ verschont bleibt.

Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am 23.11.2015.

 

„Smombie“ ist das Jugendwort 2015 – Eine sprachliche Zombiejagd

Wirft man die Begriffe „Zombie“ und „Smartphone“ in den Duden-Mixer, so erhält man das deutsche Jugendwort 2015 namens „Smombie“. Von Hermann-Luc Hardmeier.

Ein „Smombie“ ist eine junge Person, die von der Umwelt nichts mehr mitbekommt, weil sie nur auf ihr Handy starrt. Solche Menschen kann man täglich auf der Strasse beobachten. Nicht selten kommt es dabei zu unheilschwangeren Situationen: Zusammenstössen mit Strassenschildern, anderen Mitmenschen, beinahe Unfälle, wenn der Smartphone-Fan fast in den Bus läuft oder das lustigste: Wenn zwei „Smombies“ zusammenstossen.

„Smombie“ ist das deutsche Jugendwort des Jahres. Die Jury des Langenscheidt-Verlags kürte den Begriff an einem sehr passendem Datum: Am Freitag, den 13. wurde in München die Telefon-Zombiejagd eröffnet.

Ausgeknobelt wurde der Begriff mittels eines Online-Votings auf der Jugendwort-Seite. Dort hatte zwar der Begriff „merkeln“ ganz vorne gelegen. Das heisst in etwa so viel, wie „abwarten und keine Entscheidung treffen“ mit einem kleinen sarkastischen Seitenhieb auf die aktuelle deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Verhalten in politischen Krisen.

Doch ganz so demokratisch wie man meint, geht es dann doch nicht zu und her. Das Siegerwort wird von der Langenscheidt-Jury selber ausgewählt. Ein Begriff wurde dieses Jahr sogar disqualifiziert. Es handelt sich dabei um den Ausdruck „Alpha-Kevin“. Laut den Wortschöpfern ein Synonym für einen „Oberdeppen“. Da der Langenscheidt-Verlag niemanden beleidigen wollte, wurde der rote Zensurstift angesetzt. „Es lag uns fern, Personen zu diskriminieren“, lautete die offizielle Begründung dazu.

„Smombie“ reiht sich ein in die Siegerliste der deutschen Jugendwörter, seit es die Wahl gibt.

  • 2014: Läuft bei dir
  • 2013: Babo
  • 2012: Yolo
  • 2011: Swag
  • 2010: Niveaulimbo
  • 2009: hartzen
  • 2008: Gammelfleischparty

Neben „Smombie“ und „merkeln“ waren auch noch Ausdrücke wie „Maulpesto“ (starker Mundgeruch“, „Dia Bolo“ (missratenes Selfie) und „Discopumper“ (einer, der nur ins Fitnessstudio geht, um im Ausgang gut auszusehen) im Rennen.

In der Schweiz hätte 2015 sicherlich der Satz „Ich bin Bruno, der Kameramann“ oder „Hallo Mueter“ das Rennen als beliebteste Jugendausdrücke gemacht. Doch leider wurde in Helvetia die Wahl des Jugendwortes gestoppt. Das letzte offizielle wurde 2012 mit „shaz“ gewählt. Danach folgte 2013 noch eine Abstimmung von 20min.ch, die den Begriff „chills“ kürte. Seither gibt den Jugendlichen die deutsche Jury den Takt an. Ob die Vertreter des TV-Magazins „taff“, Bravo-Redakteure, Youtubern, Langenscheidt-Experten und wer noch alles dabei war, wirklich wissen, wie die heutige Jugend spricht?

„Smombie“ ist nicht gerade ein Ausdruck, der leicht über die Lippen geht. Auch ergibt eine Umfrage von verschiedenen Radiostationen und Online-Medien am Wahltag das Ergebnis, dass die Jugendlichen den Begriff oft gar nicht kennen. Wenn man ihnen jedoch die Bedeutung erklärt, können viele darüber lachen.

Naja, ist das der Sinn einer Wahl zum Jugendwort?

Bei dieser Frage kann man skeptisch, kritisch, ablehnende oder lobend sein. Fakt allerdings ist folgendes: Die Wahl des Jugendwortes lässt einmal pro Jahr darüber nachdenken, welche neuen Begriffe durch die jungen Hirne flattern und vielleicht eines Tages im Duden Einzug finden werden.

Und insofern ist es ja unwichtig, ob „Smombie“ nun oft benutzt wird, oder nicht. Aber irgendwie ist es beruhigend, dass die Jugend nach wie vor neue Wörter erfindet, die hoffentlich nicht nur von einigen Jugendlichen, sondern vor allem auch Erwachsenen nicht verstanden werden.

Genau das ist das doch das Witzige an der Jugendsprache.

Ach ja, noch ein Tipp für alle „Smombies“: Schaut ab und zu von eurem Smartphone auf und werft einen Blick auf die Strasse. Sonst gibt es bald keine von euch mehr, welche die Jugendsprache sprechen können. Und das wäre doch hashtag-lol-selfie-stick und yolo-mässig schade.

Von Hermann-Luc Hardmeier.

Eine Schlange, ein Gefängnisbrand und ein Versicherungsbetrug

Von Hermann-Luc Hardmeier: Komiker Beat Schlatter sorgte am Samstagabend im Stadttheater Schaffhausen für köstliche Unterhaltung. Eine Theaterkritik von Hermann-Luc Hardmeier.

Dieser Einbruch hatte Folgen. Nicht nur für den Ganoven, sondern vor allem für den Polizisten. Der Gesetzeshüter sollte sich am Ende des Stückes „Polizeiruf 117“ verlieben und seinen Job verlieren. Doch der Reihe nach: Der notorische Einbrecher Richard Graber (Andrea Zogg) wurde wieder einmal auf frischer Tat ertappt. Polizist Alois Keller (Beat Schlatter) nimmt ihn mit auf den Posten in Zürich. Die zwei kennen sich aus ihrer Jugendzeit, doch Alois Keller will kein Auge zudrücken. Während der Einvernahme spricht er den Kriminellen sogar mit „Sie“ an. Die Stimmung schwingt erst um, als Keller erfährt, dass auf allen anderen Polizeiwachen die Gefängnisse überbelegt sind. Die schwedischen Gardinen auf dem eigenen Postens sind alles andere als ideal, denn dort wohnt Alois Keller derzeit selber. Er gesteht Richard Graber, dass er in einer Kampfscheidung mit seiner Frau steckt, dadurch das Haus verloren hat. Zudem soll seine Polizeidienststelle geschlossen werden und man wird ihn danach der Abteilung „Hundekot“ zuteilen. Diese befasst sich mit der Entfernung der Häufchen und ermittelt via DNA-Untersuchung die Besitzer der sündigen Vierbeiner.

Unmoralisches Angebot

Richard Graber wittert seine Chance und bietet dem verzweifelten und frustrierten Polizisten einen Deal an. Er kennt einen Mitarbeiter bei der Versicherung, der bestechlich ist. Er heckt den Plan aus, dass man vortäuschen könnte, die Gefängniszelle habe gebrannt. Via Versicherungsbetrug organsiert sodann der Vertraute von Graber das fehlende Geld. Der Posten würde somit nicht geschlossen und Alois Keller müsste sich nicht um die dampfenden Hinterlassenschaften von Hunden kümmern. Im Gegenzug dafür will Richard Graber entlassen werden und seine Diebesbeute behalten. Der Polizist wird schwach und geht auf das unmoralische Angebot ein.

Köstliches Verwirrspiel

Doch mit diesem Pakt enden die Probleme für Alois Keller nicht, sondern sie fangen erst richtig an. Seine Polizeikollegin (Ex Miss Schweiz Stéphanie Berger) kommt ihm auf die Schliche, der bestechliche Versicherungsvertreter schickt einen „normalen“ Mitarbeiter zur Prüfung des Gefängnisbrandes vorbei, die Geliebte des Ganoven kommt ebenfalls ins Spiel und schlussendlich ist da noch Richard Graber, der seine ganz eigenen Pläne verfolgt. Als dann noch eine Giftschlange auf der Polizeiwache aus dem Terrarium entweicht und die liebestolle Polizeikollegin ein erotisches Abenteuer mit Handschellen auf der Wache wagen will, ist das Chaos und das Verwirrspiel perfekt. Das Karussell der Missverständnisse dreht sich immer schneller und sorgt für eine köstliche Komödie, bei der die Zuschauer kräftig lachen dürfen. Wie das Stück ausgeht, sei an dieser Stelle nicht verraten. Nur so viel: Es gab ein Happy End und viel Applaus.

Von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am 2. November 2015.