Stefan Büsser: „Das Leben gibt die Themen vor“

Comedian Stefan Büsser tritt am nächsten „Comedy Zischtig“ auf. Im Interview erzählt der 36-Jährige, warum ihn kleine Bühnen reizen und wie es ist, als Promi in den Supermarkt zu gehen.

Bildlegende: „Beruflich bin ich eine Rampensau. Privat schon fast langweilig“, sagt Comedian Stefan Büsser über sich. (Foto: ZVG, pixxpower, Renato Richina. Bericht: Hermann-Luc Hardmeier)

Was denken Sie, worüber lachen die Schaffhauser?

Ich weiss es nicht. Eventuell sind sie ein bisschen offener als andere, da sie ein grenznahes Volk sind. Ich kenne die Region ein bisschen, da ich schon am „Stars in Town“ war oder diesen Sommer wegen dem „Donnschtig-Jass“ hier übernachtet habe. Vielleicht fällt mir dazu etwas Witziges ein.

Wie bereiten Sie sich auf den Auftritt bei uns vor?

Ich habe keine spezielle Strategie, wie ich die hiesigen Lachmuskeln angreife. Ich schaue vielleicht kurz in die Lokalzeitung und habe mit dem Organisator des „Comedy Zischtig“ Yves Keller einen guten Informanten.

Sie treten schweizweit im TV oder im Hallenstadion auf. Ist das nicht ein grosser Kontrast zum „kleinen“ Schaffhausen?

Ich wollte Yves Keller supporten, da er ein neues Format aufbauen möchte. Generell reizt mich ein kleines Publikum, da es viel intimere Veranstaltungen sind. In einem grossen Saal lacht immer jemand. Bei 30 Zuschauern ist es aber sehr herausfordernd, wenn man den Humor der Leute trifft oder eben nicht trifft.

Wollten Sie schon immer Komiker werden?

Ja! Ich habe als Kind CDs von Mittermeier und Peach Weber gehört. Medien und alles, was mit Unterhaltung zu tun hat, reizte mich schon immer. Übers Radio kam ich zur Unterhaltung, machte bei Bühnenmoderationen einige Scherzchen und merkte, dass es gut ankommt. Schliesslich wurde ich Comedian.

Sind Sie auch im Alltag eine Spasskanone?

Privat mit Freunden bin ich eher ruhig und zurückhaltend. Ich muss nicht 24 Stunden im Leben eine Show machen. Beruflich bin ich eine Rampensau. Privat schon fast langweilig.

Also nervt Sie privat die Frage von Kumpels „Erzähl doch mal einen Witz“?

Das ist doch blöd. Den Maurer fragt man im Ausgang ja auch nicht, ob er spontan eine Mauer bauen kann.

Damit haben Sie gerade das Gegenteil bewiesen.

Spontanität ist sicher eine Stärke von mir.

Stimmt der Eindruck, dass Sie am witzigsten sind, wenn Sie ein Feindbild vor Augen haben?

Das ist nicht zwingend. Ich habe ein ganzes Programm über mich und meine Krankheit geschrieben. So fest hasse ich mich dann nicht. Am Schluss vom Tag muss das Thema einfach eine gute Comedygrundlage sein.

In dem Fall haben Sie keine “Lieblingsthemen”?

Nein. Das Leben gibt die Themen vor. Corona war insofern ein best case, weil alle den gleichen Wissenstand hatten. Das ist für Witze natürlich ideal.

Corona ist witzig?

Ja, klar. Jeder hat das Anrecht, dass man sich über ihn lustig macht. Auch Verschwörungstheoretiker und das BAG.

Wo vergeht Ihnen der Humor? Gibt es Themen, die nicht lustig sind?

Grundsätzlich nein. Man kann Witze über alles machen. Die Frage ist wie und wer ist das Ziel? Grundsätzlich ist es besser, nach oben als nach unten zu treten.

Auf Social Media ist heutzutage jeder ein Komiker. Stört Sie das?

Konkurrenz belebt das Geschäft. Ich glaube, auf lange Sicht setzen sich Qualität und Fleiss durch. Ich überzeuge dadurch, dass ich authentisch bin, auch online. Aber ein Bühnenjoke funktioniert natürlich anders als Social-Media. Im Internet muss man viel schneller sein.

Ist es als Promi anstrengend, kein Privatleben mehr zu haben? Ihre Verlobung, die Krankheit, die Liebe zum Hund Foxy usw. Alles war in den Medien.

Es ist der Preis, den man zahlt, und man kann es ein Stück weit selber steuern. Da musste ich auch ein bisschen was lernen. Sämtliche Privatsachen wie Beziehungen würde ich heute sicher nicht mehr öffentlich teilen. Im Prinzip ist es als Promi in der Schweiz aber easy.

Easy? Können Sie beispielsweise ganz normal einkaufen gehen?

Ja, ich habe ein ganz gewöhnliches Leben. Beim Einkaufen werde ich selten angesprochen. Ich gebe aber zu, die Maskenpflicht hat es enorm einfacher gemacht.

Was sind Ihre nächsten Ziele? Wäre es z.B. eine Option, der Satiresendung „Deville“ den Sendeplatz mit einer eigenen Talkshow streitig zu machen?

Ich will niemanden arbeitslos machen (lacht). Ich bin mega happy. Es ist ein riesiges Privileg, am Morgen aufstehen zu können und seiner Leidenschaft nachgehen zu dürfen. Ohne, dass es sich nach Arbeit anfühlt.

Dann wünschen wir einen erfolgreichen „Comedy Zischtig“ mit stehenden Ovationen!

Ou, nein. Bitte sitzenbleiben. In meinem Alter kann man nicht mehr so lange stehen.

Interview von Hermann-Luc Hardmeier. Erschienen in der Zeitung „Schaffhauser Nachrichten“ am Montag, 1. November 2021.

„Poste niemals Ausgangfotos!“ – Interview mit Victor Stancescu

Im Rahmen der Projektwoche „Sport + Medien“ kam Victor Stancescu am 8. Februar 2016 an unsere Schule. Der ehemalige Captain des Eishockeyclubs „Kloten Flyers“ gab den Lernenden Tipps und Tricks im Umgang mit Medien. Er wies auf Gefahren und Chancen hin und erzählte, warum er neben dem Hockey an einer Universität studierte, um Anwalt zu werden.

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Bild: Victor Stancescu im Gespräch mit Andi Jucker, Chefredaktor „Radio Munot“. (Foto: Hermann-Luc Hardmeier)

1). Du wurdest sehr oft von Medien interviewt. Wie läuft eigentlich so ein Treffen mit den Journalisten ab?

Es kommen ein Journalist und ein Fotograf. Das Gespräch dauert je nachdem etwa eine halbe Stunde. Das Foto kann zwischen zwei Minuten und 45 Minuten dauern. Die Fotografen wollen manchmal sehr skurrile Dinge. Beim Text empfehle ich, den immer gegenzulesen. Dieses Recht hat man und sollte man wahrnehmen.

2). Soll man beim Gegenlesen jedes Zitat bis ins Detail kontrollieren?

Das muss jeder selber wissen. Ich bin beim Gegenlesen immer sehr zurückhaltend, wenn es ungefähr dem entspricht, was ich sagen wollte. Denn der Journalist färbt das Interview immer auch auf seine Art, was das Ganze häufig lebendiger macht. Würde man jeden Satz umformulieren, hätte man früher oder später gewiss mit einigen Journalisten Probleme und die Interviews wären wohl auch nicht besser.

3). Gab es bei Interviews Dinge, die du nicht machst?

Es gibt Dinge, die gehen zu fest ins Privatleben. Z.B. Eine Homestory von einer grossen Zeitschrift wollten weder ich noch meine Frau. Das haben wir abgelehnt. Einmal wollte man von mir, dass ich in voller Hockeyausrüstung an die Bahnhofstrasse stehe und mich ablichten lasse. Das ist nicht mein Ding.

4). Soll man überhaupt noch Interviews geben?

Ja. Man kann durch den Sport bekannt werden und das hilft im späteren Leben z.B. bei Sponsoren. Uns als Verein hat es damals sehr geholfen, als Kloten kurz vor dem Konkurs stand und die Medien uns bei unseren Bemühungen unterstützten, Hilfe zu organisieren.

5). Ist der Journalist Freund oder Feind?

Wenn man Profisportler ist, dann sieht man immer die gleichen fünf bis sechs Medienleute. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre habe ich die gut kennengelernt. In dieser Zeit merkt man schon, wem man etwas erzählen kann und bei wem man vorsichtig sein muss.

6). Wurdest du einmal von einem Journalisten reingelegt?

Leider ja. Meine Konsequenz war, dass ich ihm nur noch 0815-Antworten gegeben habe. Kommunikationsverweigerung war nicht mein Fall, denn das wirkt seltsam gegen aussen. Aber mit meinen Antworten konnte dieser Journalist kaum mehr etwas anfangen.

7). Was hast du für Interviewtipps für junge Spottalente?

Wenn man gleich nach dem Match vom Eisfeld kommt und interviewt werden soll, kommt es meistens nicht gut. Man hat zu viel Adrenalin im Kopf und sagt dann vielleicht etwas, was man sonst nicht aussprechen würde. Mein Tipp: Ein paar Minuten durchschnaufen und erst dann das Interview geben. Wenn ein Journalist provoziert, darf man übrigens auch sagen, dass man eine Frage nicht beantworten möchte, weil sie zu privat oder zu delikat ist.

8). Was sind typische fiese Fallen beim Interview?

Im Eishockey wären das Fragen wie: „Warum bringt dich der Trainer nicht mehr im Powerplay?“ oder „Warum bekommst du nicht mehr Eiszeit?“. Im Fussball könnte das sein: „Warum wurdest du bereits nach 40 Minuten ausgewechselt?“ Mein Tipp: Der Sportler sollte nie dem Trainier die Schuld geben. Man sollte nie die Vereinsführung angreifen oder schlecht über Mitspieler sprechen.

9). Was wäre denn eine gute Antwort?

„Der Trainer entscheidet.“ Man darf aber auch in einem Nachsatz über seine Gefühle sprechen, sollte diese jedoch auf sich selber beziehen. Beispielsweise: „Ich bin mir das nicht gewohnt, so kurz zu spielen und es ist schwierig auf diese Weise ein Spiel aufzubauen. Aber ich akzeptiere die Entscheidung des Trainers.“

10). Erinnerst du dich noch an eine Fangfrage, die man dir gestellt hat?

Gewisse Journalisten versuchen eine Story dramatisch aufzubauen, indem sie Feindschaften konstruieren. Z.B. „Stancescu hasst diesen und diesen Verein“ oder „Stancescu hasst diesen und diesen Spieler.“ Ich habe darauf immer so reagiert, dass ich nie ein Team oder einen Spieler, den ich kritisierte, beim Namen nannte. Ich sprach immer vom Gegner oder vom gegnerischen Team. Man sollte nicht in den Medien eine Fehde gegen jemanden führen.

11). Soll man bei schlechten Spielen überhaupt ein Interview geben?

Beim Sport gibt es immer einen Gewinner und einen Verlierer. Ein guter Sportler ist nicht der, der immer gewinnt. Es ist derjenige, der wieder aufsteht und auch selbstkritisch ist, ohne die Gegner schlecht zu machen. Als Captain musste ich oft vor das Mikrophon stehen, wenn es schlecht lief. Das gehört dazu.

12). Wie soll man sich bei Siegen verhalten?

Gib keine Standardantworten, sondern eine eigene Formulierung. Das macht sympathisch. Dinge wie: „Das war mein erster Hattrick in der 1. Mannschaft, ich bin überglücklich“, darf man ruhig sagen und dazu jubeln.

13). Und wenn wirklich alles schief läuft. Wie hast du bei unfairen Berichten reagiert?

Wenn man laut losschimpft oder sich rechtfertigt, wird es meistens nicht besser. Im Gegenteil: Die Story geht in den Medien weiter. Genau darauf warten die Boulevardmedien. Wenn ein Bericht draussen ist, ist er draussen. Ich habe in meiner Karriere nur zwei Mal einem Journalisten angerufen, um mich zu beschweren. Ansonsten habe ich es gelesen, aber nicht darauf reagiert. Das heftigste war, als einmal etwas gegen meinen Trainer stand, was ich nicht so gesagt hatte und das wirklich falsch war. Ich ging als erstes zu meinem Trainer und erklärte ihm, wie ich es gemeint hatte. Der war zwar immer noch nicht begeistert, aber ich konnte die Situation mit ihm klären. Das war mir wichtig.

14). Wie gefährlich ist für junge Sportler eigentlich „Social Media“?

Ich würde so wenig wie möglich posten. Die Journalisten schauen immer nach, was ein Sportler auf Facebook, Twitter oder Instagram online stellt. Als ich jung war, gab es das zum Glück noch nicht. Ich war auch nicht immer ein Engel. Aber Facebook war noch nicht geboren. Kaum ein Handy hatte Fotofunktion. Und wenn, dann konnte man die Menschen darauf nicht erkennen.

15). Welche Fotos sind denn gefährlich?

Niemals Ausgangsfotos! Und ich würde auch keine Ferienfotos während der Saison posten. Oder wenn man am Abend vor dem Spiel an die Fasnacht geht. Es ist dann schlussendlich egal, ob man den ganzen Abend nur Mineralwasser getrunken hat. Es heisst dann einfach: Er war dort. An einem Fest, an dem viele Menschen trinken.

16). Wenn man nicht selber online stellt, wird man jedoch oft fotografiert und landet trotzdem im Internet. Das kann man doch gar nicht vermeiden.

Es mag ein bitteres Fazit sein, aber als bekannter Sportler muss man auf gewisse Dinge verzichten. In gewissen Situationen, in der Vorbereitungsphase oder vor einem wichtigen Match, kann ich nicht mit meinen Kollegen feiern gehen. Das ist manchmal hart. Aber es ist ein Selbstschutz. Der Schaden ist riesig, wenn einem irgendetwas angedichtet wird und der Ruf leidet.

17). Dein Traum war doch Profisportler. Warum hast du nebenher den riesigen Aufwand betrieben, um das Anwaltspatent zu machen?

Mit 17 hatte ich nur Hockey im Kopf. Ich wollte aber immer eine Sicherheit haben, falls es nicht klappt. Auch wollte ich einen Ausgleich zum Sport haben. Als ich dann Hüftprobleme bekam und deswegen aufhören musste, war ich sehr froh, dass ich einen Plan B hatte und meine Zukunft weiterhin gesichert war.

18). Ein Studium ist ein unglaublicher Zeitaufwand. Wie ging das mit dem Hockey einher?

Ich musste planen. Sieben Monate im Voraus habe ich geplant, wann ich Prüfungen habe, wann ich lernen kann und wann ich trainieren muss. Ohne Planung und Disziplin wäre das nicht gegangen. Jeder Sportler ist diszipliniert. Und aus heutiger Sicht bin ich sehr froh, dass ich nicht nur auf den Sport, sondern auch auf mein Leben nach dem Sport fokussiert war.

Von Herman-Luc Hardmeier und Andi Jucker.